Normalerweise bin ich sehr vorsichtig mit dem, dass ein Medium berichtet, dass Medien darüber berichten, was in einem noch nicht veröffentlichten Buch steht (Veröffentlichungstermin ist der 14.07.2020). In diesem Fall mache ich eine Ausnahme. Die Neue Zürcher Zeitung berichtet heute:
„Medien haben erste Details aus dem neuen Enthüllungsbuch über Präsident Donald Trump veröffentlicht. Darin erhebt dessen Nichte Mary schwere Vorwürfe gegen ihren Onkel. So habe dieser sich den Zugang zum Studium erschlichen, indem er jemanden dafür bezahlte, einen Eignungstest für ihn abzulegen.“
Das ist spannend. Ich habe in diesem Blog immer wieder berichtet oder aufgedeckt, dass viele später erfolgreiche Karrieren auf ‚initialem Beschiss‘ beruhen, wenn ich das so formulieren darf. Man denke nur an die (erstaunlicherweise längst verebbten) Plagiatsvorwürfe gegenüber Wladimir Putin oder – im lokalen Kontext – an die von Werner de Pauli-Schimanovich verfasste und nie eingereichte Dissertation von Peter Weibel.
Ein Faktencheck des Vorwurfs von Mary Trump ist schwierig, aber nicht unmöglich. Am besten wäre es, die Autorin würde einfach die Person preisgeben, die für Trump den Eignungstest ausgefüllt hat (sofern sie diese kennt). Oder hat Trump diese Geschichte einfach erzählt?
Was sagt Wikipedia? Trump habe an der Wharton School der University of Pennsylvania das Fach Immobilienwirtschaft studiert und 1968 den Bachelorgrad erworben.
Korrekt ist, dass die Wharton School auch für BA-BewerberInnen ein „standardized testing“ durchführt. Eine Art Aufnahmetest könnte es also durchaus auch schon in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts gegeben haben. Allerdings ist wohl unwahrscheinlich, dass Trump ein Double zum Test geschickt hat. Hat er die „Altfragen“ gekannt und jemanden für das professionelle Beantworten dieser bezahlt?
Dass Trump ein durchaus ‚lockeres‘ Verhältnis zur universitären Redlichkeit haben kann, bewies nicht zuletzt seine mittlerweile eingestellte „Trump University“, die nie eine Universität war. Ich werde nun mal im National Clearing House nach dem Bachelorgrad von Amerikas derzeit bekanntestem Bürger nachfragen…
Plagiatsvorwürfe und Vorwürfe eines geschönten Lebenslaufs wurden auch bereits gegenüber der Präsidentengattin laut.
(Dank an Markus Haslinger für den Hinweis auf die NZZ.)