Noch kein Wiki, aber immerhin Wickie: Akademischer Plagiatsfall anno 2006 im Netz
Es war Ostern 2006, als eine Kollegin und ich erstmals die Idee hatten, das Ausmaß eines akademischen Plagiatsfalls im Netz zu dokumentieren und zu diskutieren. Dieses Faktums gedenken wir heute fast ein wenig nostalgisch ;-). Fünf Jahre sind schon wieder vergangen, und die aktuellen PlagWikis zeigen, wie gut die Idee eigentlich war, die damals noch in den Kinderschuhen steckte und recht unbeholfen über einen Gratisprovider realisiert wurde. Das unbezahlte Plagiatesuchen und -Dokumentieren mit dem Ziel, die etablierten Institutionen von dem neuen Problem zu überzeugen – das machten wir schon damals. Und wir mussten viel Ablehnung aushalten: Ein namhafter Kollege mailte, er möchte mit dieser Form des „Anschwärzungsaktionismus“ nichts zu tun haben. Der Rektor der betroffenen Universität sagte in der regionalen Zeitung, er werde „mit aller Härte gegen die Verursacher“ (der Plagiatsvorwürfe) vorgehen, sollte sich herausstellen, dass diese nicht stimmten. Drei Monate später war dann auch dem letzten klar: Alles stimmte. Was es wirklich in Bezug auf die Qualitätssicherung wissenschaftlicher Arbeiten in Österreich gebracht hat, sollte mal erforscht werden.
Wir alle können aus der Geschichte lernen. In politischer Hinsicht wird uns das Lernen einigermaßen leicht gemacht. Dafür sorgt eine sehr lebendige mediale Diskussionskultur und ein etablierter investigativer Journalismus. Verlassen wir aber die Politik, und schauen uns in der Wissenschaft um, so schlägt dem Whistleblower, wie Sie selbst erlebt haben, viel Misstrauen und Ablehnung entgegen. Der investigative Wissenschaftsjournalismus in den etablierten Printmedien hat sich in den vergangenen 10 Jahren erheblich ausgedünnt. Demgegenüber erleben wir jetzt das unbezahlte Plagiatesuchen und -dokumentieren in Wikis als ein neues, faszinierendes Phänomen. Allerdings brauchen wir mehr davon und nicht nur auf die Plagiatssuche beschränkt. Denn die Forschungseinrichtungen und Wissenschaftsjournale sind immer noch von einem verschwörerischen Korpsgeist geprägt. Vielleicht schaffen wir es durch Blogging, Wissenschaftsbetrug und wissenschaftliches Fehlverhalten generell in das Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Seit 1 Jahr hilft dabei ‚Retraction Watch‘ (http://retractionwatch.wordpress.com/) und seit 1 Woche der ‚Abnormal Science Blog‘ (http://abnormalscienceblog.wordpress.com/).
Ich denke nicht, dass der damalige Fall schon genügend Abschreckungspotenzial hatte. Wie nun Stück für Stück ans Licht kommt, kennt die Dreistigkeit der Doktoranden teilweise ja wirklich keine Grenzen. Nicht dass ich alle über einen Kamm scheren möchte, aber die aktuell untersuchten Fälle sind wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs.
Wickie war wohl einfach zu „früh dran“ und die Zeit dafür noch nicht reif 🙁
Sehr geehrter Herr Dr. Weber,
eigentlich hätte ich erwartet, dass Sie mittlerweile eine Antwort auf meine Nachfrage bei einem vorhergehenden Blog-Eintrag (Sie erinnern sich sicher noch) verfasst hätten. Leider haben Sie das offenbar noch nicht geschafft. Sie sind halt auch ein gefragter Mann. Besonders in diesen Tagen.
Herr Dr. Weber, der interessierte Leser schaut sich gern Ihre Enthüllungen an und so habe ich mit Interesse auch diese Auszüge der berühmt berüchtigten „Wickie…“-Diplomarbeit verglichen. Was ich dabei beim besten Willen einfach nicht glauben kann, ist, dass Sie hier wirklich immer alles zeigen. Es ist mir unverständlich, dass jemand passagenweise Inhalte in seine wissenschaftliche Arbeit übernommen haben soll und dabei _keinen_ Verweis auf die Quelle geboten haben soll. Ist das bei dieser Diplomarbeit wirklich so gewesen?
Steht etwa auf der von Ihnen hier dargestellten „Seite 6“ der Diplomarbeit nicht _irgendwo_ doch ein Hinweis auf die Quelle dieser Formulierungen und Gedanken? Hat die Plagiatorin tatsächlich seitenlang geschrieben und _nirgends_ einen Verweis auf die Quelle angebracht?
Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen damit vielleicht Unrecht tue – aber mir kommt vor, dass man hierbei vielleicht doch etwas vorschnell von einem Plagiat spricht – das wäre aus meiner Sicht zumindest dann so, wenn die Plagiatorin irgendwo auf der „Seite 6“ (um bei dieser Seite zu bleiben) einen Verweis – wie auch immer der aussehen mag – auf die Quellen geboten hat.
Denn wenn das alles genau so ist, wie Sie es hier darlegen (ich habe leider keinen Zugang zur Originaldiplomarbeit, um das selbst zu überprüfen), dann müsste man sich wirklich fragen, wie der Begutachter der Arbeit die Arbeit tatsächlich begutachtet hat und ob man einen solchen Begutachter weiterhin solche Aufgaben übernehmen lassen darf.
Es würde mich freuen, wenn ich von Ihnen lesen würde – hier _und_ im anderen Blog-Eintrag.
Gruß,
Peter
Hallo,
bitte treten Sie mit mir per Mail in Kontakt, ich schicke Ihnen dann Scans der Seiten.
LG
sw