Ein Wissenschaftsskandal braut sich zusammen: Zumindest zwei weitere Dissertationen in Zusammenarbeit mit der SMBS und Riga sind dreiste Plagiate

Es macht wütend, es macht fassungslos. Das Klischee, dass sich Menschen in gut dotierten Positionen in der Wirtschaft ihren Doktorgrad mit Plagiaten (und/oder Ghostwriting) einfach erkaufen können, scheint sich langsam zu bewahrheiten.

Nach der fast vollständig plagiierten Dissertation des ehemaligen Zillertalbahn-Technikvorstands Helmut Schreiner entpuppt sich nun auch die Dissertation der Novartis-Personalchefin Lydia Sedlmayr aus dem Jahr 2017, wieder entstanden in der Kooperation zwischen der SMBS (University of Salzburg Business School) und Riga, als unverschämtes Plagiat.

Der Aberwitz dabei: Diese Dissertation wurde von der SMBS selbst ins Netz gestellt, als Musterbeispiel, an erster Stelle für gelungene Doktorarbeiten. Um Wissenschaft geht es hier augenscheinlich gar nicht. Minister Polaschek und Sektionschef Pichl müssen diesem üblen Spiel schleunigst ein Ende bereiten. Lieber noch dieses Wochenende als am Montag. Ich werde nun alle weiteren 14 in Salzburg und Riga online zugänglichen Dissertationen auf Plagiat überprüfen. Worauf könnte es hindeuten, wenn schon die erstgereihte und erste von mir neu geprüfte Arbeit schwerwiegend plagiiert wurde?

Hier wirbt die SMBS selbst mit der „successfully completed dissertation[s]“ an der Universität Lettlands (mit falsch geschriebenem Nachnamen der Verfasserin):

Quelle: https://www.smbs.at/dr-in-bwl-der-universitaet-lettlands-riga

Entgegen der Angabe im Fall Schreiner, dass ein Plagiat niemals angenommen worden wäre, wurde die Dissertation von Frau Sedlmayr offenbar niemals mit Plagiatssoftware überprüft. Oder das Protokoll wurde nie angesehen. Denn das Plagiat sieht man im Gegensatz zu dem von Helmut Schreiner bereits nach wenigen Sekunden. Hier nur einige Beispiele, das gesamte Ausmaß des Plagiats ist in einer Nachtschicht nicht zu dokumentieren:

Alles orange Markierte über den Marxismus, am Schluss noch frech mit „(Engels, 1884)“ belegt, stammt aus der Quelle „The Gender Economy“, 2014.


Nachdem in der Tat seitenweise diese Quelle 1:1 abgeschrieben wurde, geht es weiter mit diesem Plagiat:

Der türkis markierte Abschnitt stammt von „Emerging Gender Regimes and Policies for Gender Equality in a Wider Europe“, 2004, mitsamt der Literaturzitate im Fließtext:


Eine Dissertationsseite später ist wieder alles abgeschrieben:

Die Quellen der Plagiate werden irgendwo eingestreut, alle paar Seiten, so wie die von den Originalen mit abgeschriebenen Quellen.

Mir reicht es für heute. Langsam wird mir klar, warum nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft so tickt, wie sie tickt. Wenn man sich als Gut- bis Bestverdiener mit Plagiaten an einer Tochtergesellschaft einer öffentlichen (staatlichen) Universität Doktortitel erkaufen kann, läuft etwas schief in der Gesellschaft. Ganz gewaltig schief.

Ich erlaube mir die Frage, nach welchen Kriterien Personalchefin Sedlmayr für ihr Unternehmen Personal auswählt. Welche Rolle spielen dabei Studium und Studienerfolg?


Update: Soeben meldet mein Mitarbeiter Werner Schrittesser die dritte plagiierte Dissertation der SMBS. Und ich bin bei der Vorprüfung der vierten, sie enthält ebenfalls gravierende Plagiate.

Mein Kollege berichtet, dass an mehr als 70 Stellen eine fünf Jahre ältere Dissertation plagiiert wurde. Die Sache wird zum größten Wissenschaftsskandal meiner Laufbahn. Mein Team und ich schaffen das.

8 Kommentare zu “Ein Wissenschaftsskandal braut sich zusammen: Zumindest zwei weitere Dissertationen in Zusammenarbeit mit der SMBS und Riga sind dreiste Plagiate

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  1. Ein Wisser

    Ach Herr Weber, wenn Sie wüssten was so alles im Hintergrund abläuft…

    Hat der noch-Rektor die SMBS nicht überprüft, so wie er es in einem Mail an alle Universitätsangehörigen groß angekündigt hat? Es ist genau das passiert, wenn er es nicht machen würde. Wieder müssen Sie die Arbeit der Universität erfüllen, weil diese nicht dazu in der Lage ist.

    Alleine das würde den noch-Rektor doch schon für die Zukunft als Rektor disqualifizieren? Und den vorhergehenden Langzeitrektor, der die Universität in die Beinahe-Pleite geführt hat? Der die SMBS an die Universität „zurückgeholt“ hat? Um eine Geldquelle aufzumachen für die mittellose Universität?

    Gibt es an dieser Universität noch irgendwo qualifizierte Arbeitskräfte oder sind die schon alle davongelaufen, wie so viele unter dem jetzigen Rektor? Ganze Abteilungen wurden ausradiert, es herrscht nur noch ein Rumpfbetrieb in vielen Bereichen.

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  2. Andreas Slateff

    Na servas. Ich befürchte, dass das erst die Spitze eines noch wesentlich größeren Eisbergs ist. Respekt, Herr Weber!

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  3. Josef Taferner

    Wie ich schon vor zwei Tagen hier bemerkte: „Es stinkt gewaltig“! Ob es jetzt mal jemanden kratzt?

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