Der Physiker und Mathematiker Alan Sokal, weltweit bekannt geworden durch seine brillante Kritik am Missbrauch der Naturwissenschaften durch postmoderne Fasel-Wissenschaft, ist nun auch – wie Ihr werter Plagiatsgutachter – unter die Text-Googler gegangen. Er hat in mehreren Büchern eines renommierten amerikanischen Politikwissenschaftlers mit Hilfe der Suchmaschine viele Plagiatsstellen entdeckt, wobei höchst systematisch Halbsätze und Wortgruppen oft über mehrere Absätze hinweg nacheinander unzitiert übernommen wurden. Der äußerst aufschlussreiche Report findet sich hier, und wenn man die Beispiele genau rekonstruiert, ist diese Form des „Old-School-Print-Plagiarismus“ auch immer wieder höchst bizarr.
Der Politikwissenschaftler blieb dabei durchweg erstaunlich nah am Original kleben, maßte sich jedoch durch die Art und Weise, wie er Literaturbelege einstreute, immer eine Eigenautorschaft am abgeschriebenen Text an. Im „Chronicle of Higher Education“ findet sich mittlerweile schon ein Schlagabtausch zwischen Alan Sokal und dem Beschuldigten, in dem Sokal seine Arbeit beschreibt, wobei sie mich frappierend an meine eigene erinnert. Ich freue mich also, einen für seine Aufdeckungsarbeit weltweit bekannt gewordenen Wissenschaftler als „Kollegen“ begrüßen zu dürfen und hoffe auf eine breite (auch mediale) Diskussion dieser Entdeckungen, die bislang noch aussteht.
In Österreich und Deutschland gab es ja bereits ganz ähnliche Fälle, etwa Hahn und Schwintowski. Bei Letzterem wurde diese besondere ‚Arbeitsweise‘ als „Bauernopfer-Referenz“ beschrieben: Ein Satz wird zitiert, der Rest aus derselben Quelle wird unzitiert mit abgeschrieben. Die Plagiatoren liefern damit die Quelle ihres Plagiats gleich mit. Wie viele Wissenschaftler gehen wohl so vor?