Noch mehr Copy/Paste: Frauke Brosius-Gersdorf hat Teile eines Rechtsgutachtens für das Bistum Essen für den Osten „wiederverwertet“

Im März 2022 veröffentlichte Frauke Brosius-Gersdorf ein Rechtsgutachten mit dem Titel „Finanzhilfe für Ersatzschulträger von Gymnasien in Nordrhein-Westfalen bei der Umstellung von G8 auf G9“ im Auftrag des Bistums Essen (88 Seiten).

Im November 2022 veröffentlichte die Rechtswissenschaftlerin ein weiteres Rechtsgutachten mit dem Titel „Finanzhilfe für Overheadkosten und Abschreibungen von Ersatzschulträgern im Freistaat Thüringen“ im Auftrag der Landesarbeitsgemeinschaft freier Schulträger in Thüringen (LAG) (66 Seiten).

Stein des Anstoßes für beide Gutachten waren Änderungen in den jeweiligen Bundesländer-Schulgesetzen.

Die beiden Gutachten sind zu rund einem Drittel vollkommen identisch. Dies wäre dann wohl unproblematisch gewesen, wenn es an irgend einer Stelle kenntlich gemacht worden wäre. Das spätere Thüringer Gutachten nimmt jedoch auf das frühere für das Bistum Essen erstellte an keiner Stelle Bezug.

Wusste das Bistum Essen, dass Teile der höchstwahrscheinlich bezahlten Leistung wiederverwendet werden? Wusste umgekehrt der Thüringer Auftraggeber, dass Teile der höchstwahrscheinlich ebenso bezahlten Leistung bereits für einen anderen Auftraggeber erbracht wurden? Wenn nicht, besteht der Verdacht der Erschleichung neuer Drittmittel für einen Teil einer bereits einem anderen Fördergeber verkauften Leistung.

Interessanterweise erwähnt Brosius-Gersdorf in ihrem Schriftenverzeichnis unter Kapitel I („Monografien“) nur das NRW-Gutachten für das Bistum Essen, aber nicht das spätere für den Auftraggeber aus Thüringen, das ja ebenfalls mit 2022 datiert:

Das Thüringer Gutachten findet sich indes fälschlicherweise im Schriftenverzeichnis auf Seite 4 unter Kapitel II („Aufsätze/Beiträge in Sammelwerken“) vermerkt.


Aus dem Gutachten für das Bistum Essen, März 2022, S. 61:

Aus dem Gutachten für die Landesarbeitsgemeinschaft freier Schulträger in Thüringen, November 2022, S. 46:

4 Kommentare zu “Noch mehr Copy/Paste: Frauke Brosius-Gersdorf hat Teile eines Rechtsgutachtens für das Bistum Essen für den Osten „wiederverwertet“

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  1. Namen Sind Schall Von Und Zu Rauch

    Herr Weber, inzwischen wird es leider lächerlich.

    Nunmehr lautet der Vorwurf also, dass die Autorin zu etwa einem Drittel zu einem sehr ähnlichen Themenkreis von sich selbst abgeschrieben habe, ohne dies kenntlich zu machen?

    Es ist in der Juristerei gängige Praxis, dass eigene Ausführungen zu einem sehr ähnlichen Themenkreis erneut verwertet werden (können und dürfen). Eine andere Frage ist durchaus, ob dafür zusätzlicher Aufwand in Rechnung gestellt wird. Ich verzichte hierauf, aber erachte es auch nicht als „verwerflich“, eine solche Zweitverwertung in Rechnung zu stellen. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass Frau Brosius-Gersdorf ihr geistiges Eigentum zweifach abgerechnet hätte.

    Grundsätzlich sind Juristen zur Geheimhaltung hinsichtlich der Auftraggeber (und selbst der Gegenseite) verpflichtet.

    Folgerichtig *darf* das frühere Gutachten im neuen Gutachten überhaupt nicht erwähnt werden, es sei denn, der frühere Auftraggeber hat hierzu (wie zumeist nicht) seine ausdrückliche Zustimmung erteilt.

    Bei dieser Gelegenheit noch einmal meine frühere Aufforderung:

    „3. Es wäre noch erfreulicher, wenn Herr Weber kurzfristig seine/n Auftraggeber/in benennt. Früher oder später dürfte dies ohnehin bekannt werden.“

    Textparallelen zwischen der Dissertation von Frauke Brosius-Gersdorf und der Habilitationsschrift von Hubertus Gersdorf

    Und wenn Sie sich nunmehr darauf berufen sollten, dass dies unter ihre Geheimhaltungspflicht fällt, wird Ihr neuerlicher „Anwurf“ noch absurder und sollte gelöscht werden.

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    1. Stefan Weber Beitragsautor

      Nachdem beide Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, hätte es eines Hinweises auf die Redundanzen bedurft. Das ist einfach gute Praxis. Es gibt sogar ein mir vorliegendes Rechtsgutachten, das besagt, dass Gutachten eines Fachwissenschaftlers wissenschaftliche und keine behördlichen Werke sind. Damit gelten dieselben Zitierregeln. Auch entsprechende Regeln zum „Eigenplagiat“, die seit 2008 verbreitet werden, sind anzuwenden. Wir haben es ja immer wieder mit Metagutachten zu Gutachten zu tun, ein Mitarbeiter von mir ist darauf spezialisiert.

  2. Ralf Rath

    Zwar empfiehlt allen voran einer der Herausgeber der „Frankfurter Allgemeine“ erst gestern, im Original nachzulesen, was Frauke Brosius-Gersdorf veröffentlicht hat. Schickt man sich jedoch dazu an, fällt es enorm schwer, ihren Schriften „einen rationalen Kern abzugewinnen“ (Negt, 2019: 58). Doz. Dr. Stefan Weber zeigt ohnehin inzwischen mehrfach wiederholt, dass sich das „Moment der Rationalität“ (Adorno, NS Bd. 11: 53) dort womöglich niemals finden lässt.

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  3. Udo

    Im Rahmen der unzähligen Plagiatsvorwürfe fast ausschließlich gegen Parteimitglieder der CDU und CSU hätten sie sich ein lukratives Geschäft mit Unbedenklichkeitserklärungen für Kandidat:innen für Ämter und bei Wahlen aufbauen können. Haben sie sich mal Gedanken darüber gemacht, den beiden Schwesterparteien ihre eigene Unabhängigkeit als Dienstleistung anzubieten?

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