Neuer Begriff macht die Runde: „Gutteln“

„gutteln“ im „Wörterbuch der deutschen Sprache“, 1838, damals in etwa gleichbedeutend mit „gluck gluck gluck machen“

Die Guttenberg-Affäre hat nicht nur der Frage nach dem Sinn wissenschaftlicher Abschlussarbeiten und der Qualitätssicherung bei ebendiesen eine völlig neue Dimension gegeben, sie hat nicht nur die Kultur der Aufdeckung radikal verändert, sie hat nun auch bereits erste Auswirkungen auf die deutsche Sprache: Der Begriff „gutteln“ macht die Runde. „Ich hab’s geguttelt“ heißt so viel wie: Ich hab’s mir aus irgendwelchen, nicht angegebenen Quellen zusammengeschustert. Es ist eben mehr als bloß googeln oder copypasten. So gesehen, war der Begriff des Guttelns längst überfällig. Er gefällt mir und sollte auch in der empirischen Medienwissenschaft Einzug halten: Wie viel Prozent der Studierenden sind Guttler? Etc. Auch im Englischen wäre „to guttle“ noch frei, die Nähe zu „gutter“ (Gosse) käme da gar nicht ungelegen… Den Begriff gab es übrigens schon einmal in diesem Zusammenhang auch im Deutschen, im „Wörterbuch der deutschen Sprache“ aus 1838 ist er zu finden (siehe oben). Und selbst ich war für diesen Fund nicht in der Bibliothek, sondern hab’s mir plump ergoogelt. Etymologisch wäre das nicht uninteressant: „Gutteln“ stammt also ursprünglich von „in die Gosse kippen“.
Nun braucht es nur noch einen griffigen Term für Plag-Wikis. Hat jemand Vorschläge? Bitte hier posten!

8 Kommentare zu “Neuer Begriff macht die Runde: „Gutteln“

Neuen Kommentar verfassen

  1. Hans Werth

    Der Hinweis auf das WB der deutschen Sprache, 1838 [Neuer Begriff macht die Runde: „Gutteln“, 01.04.2011], ist zwar lustig, aber wenig überzeugend. Man darf ihn der Gattung Volksetymologie zuschreiben, wie S. 270 des WBDS, zeigt: „gutteln, guttern, tönen, wie eine aus einem enghalsigen Gefäß gegossene Flüssigkeit; eine zu gießen gehörige Ableitung des Worts“. Und „gutteln“ macht keineswegs „die Runde“ …
    Aber in einer anderen historischen Quelle 1835 findet sich im Druckexemplar, ganz unten rechts in kleiner Schrift, eine „Anmerkung des Setzers „Nr. 60 ‚Ei so lüg’ ist ein Plagiat aus der >Dorfzeitung<“. Würde dies heute, eine abhängig beschäftigte Insider-Person in Print-Dokumente einfügen, würde sie nicht nur fristlos entlassen, sondern auch noch mit Schadensersatzklagen von Autor und Verlag etc., konfrontiert.
    Von jenem öffentlichen Ruf nach Identifizierung der sog. „Plagiatjäger“ sollte man sich nicht erneut täuschen lassen. Denn jene, dem Vroniplag reiche Ernte ermöglichende Autoren, geht es um solche Absichten. Und sie haben ihre großzügigen „Doktorväter“ vielleicht sogar als Mitwisser in der Hand, die ihnen vielleicht gekünstelte universitäre Absolution schon um des eigenen Rufes willen erteilen. Ein Schelm wer dabei das Krähenprinzip assoziiert. Und schließlich stehen die possierlichen Krähen unter Naturschutz.

    Nichts gegen das ‚Googeln’, dass voreilig als „Sünde wider den Geist der Wissenschaft“ angeprangert wird. Es geht ausschließlich um korrekte Verwendung – sowohl formal wie inhaltlich. Das Internet bietet verschiedene Ebenen: Etwa Nachschlagesammlungen wie Wikipedia oder ähnliche. Schöne Sammlung, die sehr hilfreich sein können, um andere Quellen aufzuspüren. Die Inhalte selbst sind allerdings mit Vorsicht zu genießen und bedürfen IMMER der Überprüfung des Originals. Außerdem, manchmal werden Daten oder Zeichen geringfügig ‚variiert’ und damit eine Finte für ‚geistige Diebe’ gelegt. Oft wird eine (Pseudo-)Quelle angegeben, die im Wiki-Artikel oder ähnlichen Sammlungen wie ein Beweis erscheint, sich aber nicht als Beleg des damit verbundenen Satzes bzw. darin enthaltener Behauptungen, erweist.

    Antworten
  2. Leser1

    Dann schon „crowdscreening“, das passt eher. Oder „crowd review“. Und dürfte wahrscheinlich auch einem englischen oder amerikanischen Publikum vermittelbar sein.

    Antworten
  3. Hannes

    „Screen“ heißt sowohl „Bildschirm“ als auch „Sieb“.
    „WikiScreen“ würde z. B. auch gut klingen und könnte auch auf andere Bereiche angewendet werden, in denen das Netzvolk kollektiv etwas zerlegt.

    Antworten
  4. Hannes

    Um bei den Flüssigkeiten und der Gosse zu bleiben – „Klärbecken“ würde die emsige Arbeit vieler Organismen an der Zerlegung und Reinigung gut treffen. Die Arbeit findet ja in der „Cloud“ statt, aber unter „Klärwolke“ kann sich dann doch keiner was vorstellen.

    Antworten
    1. admin

      Hmm, noch besser ist „clarifying crowds“ statt „clouds“, denn das ist kein Zungenbrecher, das spricht sich besser. Also http://www.clacro.com/. Klingt besser als Microsoft, Google und alles andere zusammen ;-).

  5. Leser1

    „Plagen“. Den Begriff gibt’s schon. Und das was damit wörtlich gemeint ist, trifft sowohl auf jede ehrliche Promotion zu, wie synonym für die Arbeit in einem Plag-Wiki. Dass das nicht konsensfähig ist, ist mir allerdings auch klar…

    Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Die maximale Dateigröße für den Upload: 20 MB. Sie können hochladen: Bilddatei, Dokument, Spreadsheet, Textdatei. Links zu YouTube, Facebook, Twitter und anderen Dienstanbietern werden automatisch eingebunden. Dateien hierhin ziehen