Warum erhält ein Promotionsberater das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse?

Foto: Willibald Haslinger

Wir schreiben den 16. Dezember 2015. ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer (links) dekoriert Peter Linnert (rechts) mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, siehe auch dieses Video. – Wer ist Peter Linnert? Die APA-OTS-Meldung zur Ordensverleihung verrät es: „Univ.-Prof. Dr.h.c. Dr. Peter LINNERT, Rektor der Goethe Universität Bratislava“.

Einen Tag vor der Verleihung des hohen Ordens der Republik beschließt allerdings die Regierung der Slowakei, die von Anfang an umstrittene „Hochschule Goethe Universität Bratislava“ wegen „Mängel im Studienprogramm“ zu schließen, siehe die Berichterstattung hier und hier. Der Vorschlag zur Schließung lag seitens des slowakischen Ministeriums längst vor. Über Missstände wird schon Monate vorher berichtet.

Peter Linnert, gebürtiger Sachse, hat eine Vergangenheit, die man sich mittels simpler Google-Suche erschließen kann. Man wird kaum glauben, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Die Zusammenhänge werden vielleicht klarer, wenn man sich Linnerts Wirken in Wien genauer ansieht:

Linnert gründet das „Studienzentrum Hohe Warte“ und später die „Sales Manager Akademie“. Was nach Weiterbildungseinrichtung klingt, ist in Wahrheit vor allem Promotionsberatung in einer rechtlichen Grauzone: Zahlungskräftige Kunden erhalten für bis zu 30.000,– Euro akademische Grade von osteuropäischen Universitäten vermittelt, ohne diese jemals besuchen zu müssen. Linnerts Versuche, eine „Hohe Warte – Privatuniversität für Wirtschaft und Ethik“ [Ethik: sic!] zu gründen, scheitern gleich fünfmal vor dem österreichischen Akkreditierungsrat, siehe Seite 8 f. dieser Anfragebeantwortung.

Damit nicht genug: Im Jahr 2018 wird bekannt, dass Peter Linnerts Tochter Julia Linnert ihre im Jahr 2013 an der Paneuropäischen Universität Bratislava eingereichte kommunikationswissenschaftliche Dissertation bis auf 18 Sätze komplett aus 13 anderen Quellen plagiiert hat. Als Promotionsvermittler und „Zweitgutachter“ fungierte Vater Peter Linnert. VroniPlag Wiki hat den Skandal aufgedeckt und akribisch dokumentiert. Das Ausmaß des Plagiats dürfte einen Weltrekord darstellen.

Unglaubliches Dissertationsplagiat. Quelle: VroniPlag Wiki

Peter Linnert verhalf als Promotionsberater auch österreichischen Politikern zu Doktortiteln, siehe etwa die Berichterstattung hier und hier, wobei der Betrag von 30.000,– Euro jeweils bestätigt wurde.

Meine Position ist hier eindeutig: Ich halte Promotionsberatung für wissenschaftlich unredlich. Es gibt Datenerfindung, Datenmanipulation, unethische Autorschaft, Plagiate und Ghostwriting. Das ist wissenschaftliches Fehlverhalten. Schon Ghostwriter nehmen für sich in Anspruch, legal zu handeln. Mehr noch behauptet dies die Branche der Promotionsberater. Doch was hat es mit Wissenschaft zu tun, wenn sich betuchte Menschen ihren Doktortitel für weniger Eigenleistung und ohne Präsenz vor Ort erkaufen können, während andere vor Ort tatsächlich ihr Doktoratsstudium, einem Curriculum folgend, absolvieren und Monate, wenn nicht Jahre für ihre Doktorarbeit recherchieren und schreiben? Willkommen in der Zwei-Klassen-Gesellschaft der Promovierten!

Würde die „Sales Manager Akademie“ tatsächlich auf wissenschaftliche Qualität Wert legen, hätte das Fast-Komplettplagiat von Frau Linnert jun. niemals durchgehen dürfen, zwei Jahre nach der Guttenberg-Enthüllung.

Vielleicht sollten auch hier der Gesetzgeber und die ÖAWI einmal genauer hinschauen – außer, es geht nur darum, dass wir möglichst viele TitelträgerInnen haben.

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