In Österreich wird es totgeschwiegen, im Ausland interessiert es kaum jemanden: Die Verzahnung von Politik und Medien war in diesem Land zumindest bis vor einigen Jahren so eng, dass die neue Ministerriege im Büro des mächtigsten Chefredakteurs des Landes bestimmt wurde – vor dem sogar ein ehemaliger Bundespräsident den Knicks machte. Ich habe in besagtem Medium selbst gearbeitet und ein Buch darüber geschrieben. Das Essengehen mit dem Chefredakteur zur Abstimmung der kommenden inhaltlichen Agenda gehörte zum guten Ton für alle Spitzenpolitiker. Wer sich diesem Essensritual verweigerte, der wurde im Blatt niedergeschrieben. Ich kann das alles beweisen: mit meinen eigenen Feldnotizen, mit schriftlichen Darstellungen von Ex-Mitarbeitern.
War es in der „Kronen Zeitung“ die absolutistische Macht des Chefredakteurs, war und ist es umgekehrt im ORF über Jahrzehnte die Politik, die sich zum großen Machthaber aufspielte und von „Parteispitzeln“ in den Redaktionen bis zum Chef des Hauses alle Bereiche durchdrang. Auch dort habe ich für kurze Zeit gearbeitet und das unangenehme Klima erlebt.
Selbst bei einer privaten (!) Medienneugründung in Salzburg war es noch so: Da wurden ein roter, ein schwarzer und blauer Manager ins Gründungsteam bestellt.
Man möge die Gegenbeweise dafür antreten, dass es erstens in Österreich einen nicht demokratisch legitimierten Alleinherrscher gab und zweitens die Parteien die wichtigsten Posten in den elektronischen Medien bestimmen. Aber zur Prüfung dieser Hypothesen fühlen sich weder Medienforschung noch Politikwissenschaft noch Geschichtsschreibung in Österreich zuständig.
Die jetzt bekannt gewordenen Chats sind ungustiös. Aber niemand schreibt über das systemische und mentalitätsgeschichtliche Problem dahinter. Daher danke ich der „Telepolis“-Redaktion für die Gelegenheit, mich äußern zu dürfen, nachdem die Redaktion des österreichischen Branchenmagazins „medianet“ das Interview mit mir, um das ich gebeten wurde, abgelehnt hat.