Viele Universitäten haben wohl darauf gewartet, dass die VroniPlag-Aktivisten genau in diese Falle tappen: Sie bezeichnen eine noch nicht fertig recherchierte Arbeit als „Grenzfall„, machen damit einen bedeutenden ontologischen Fehler und wischen einen völlig zu Recht erhobenen Plagiatsvorwurf vom Tisch. Die Dissertation von Schavan ist aber, wenn man sich nur die Unterlagen auf schavanplag genau ansieht, längst kein „Grenzfall“ mehr. Vielleicht war sie einmal auf VroniPlag als „Grenzfall“ präsent, zu einem gewissen Stand der Recherche, aber das spielt doch keine Rolle mehr. Es wurde genau so abgeschrieben und es wurden genau so die Spuren verwischt wie bei Mathiopoulos. Wer das nicht sieht, ist betriebsblind und versperrt sich vor der Wahrheit.
Bislang wurden die VroniPlag-Aktivisten, allen voran Debora Weber-Wulff, zu Recht nicht müde, uns zu erklären, dass es irrelevant ist, wer die Anschuldigungen erhoben hat, solange diese anhand der Literatur objektiv überprüfbar sind. Nun stimmen sie aber, allen voran Debora Weber-Wulff, ein in den Kanon rund um die ominöse Urheberschaft von schavanplag. Ist es nicht auch völllig irrelevant, wer dieses Blog ins Leben gerufen und die ungemein mühsame Recherchearbeit erledigt hat?
Es wird nun leider mit zweierlei Maß gemessen. Und die bundesdeutschen Journalisten machen mit: Fest steht die Vorverurteilung, die Stellen seien keine ‚echten‘ Plagiate. Fest zu stehen scheint auch, dass es sich um irgend eine Anschwärz-Aktion handelt. In einem Blog wird sogar ein Plagiatsvorwurf gegen schavanplag erhoben, weil dort Rechercherergebnisse von VroniPlag verwendet wurden. Es sind dies Absurditäten und historische Irrtümer.
Und es kann nicht sein, dass in Deutschland Plagiatsfälle nur dann noch als solche wahrgenommen werden, wenn sie auf VroniPlag erscheinen, so ungemein verdienstvoll und wichtig diese Plattform auch ist und hoffentlich weiter sein wird. Im Fall Schavan aber hat sie bzw. hat ihr Mehrheitsprinzip komplett versagt. Das sollten sich die Aktivisten nun eindeutig eingestehen und nicht selbst beginnen, glasklare Plagiate zu verharmlosen.
Wenn ich die Hetzjagd auf Frau Schavan sehe, dann weiß ich nicht ob
der Plagiat-Jäger der auch SPD-Mitglied ist, einen eventuellen Hinweis von
der SPD-Führung als Rache für die Anschuldigung gegen Herrn Steinbrücks ist,
Nebeneinkünfte die von der Presse recherchiert wurden, auch eine
Ministerin im Vorfeld zu diskreditieren, als Retourkutsche gegen die Vorwürfe gegen
den Kanzlerkandidat Steinbrück zu deuten ist wegen seiner Nebeneinnahmen.
Komisch ist nur bei diesen Herrn, der auch SPD-Mitglied ist, keine
Recherchen gegen die Doktorarbeiten der Politiker seiner Partei vornimmt und
was mir auffällt nur die Spitzen der CDU/CSU zu diskreditieren versucht.
Muss wohl von oben gesteuert werden um die CDU/CSU im schlechten Licht darzustellen
beim kommenden Wahlkampf um der SPD ein besseres Image in der Bevölkerung
sicherzustellen.
Diese mittel- und langfristigen Erwägungen finde ich auch interessant. Man könnte ja auch mal erwägen, ob Plagiatswiki mittel- bis langfristig eine geeignete Struktur in Sachen Plagiatssuche ist, oder ob sich Plagiate darin überhaupt gut darstellen lassen. Vielleicht kann man Plagiatsvorwürfe ja in WordPress-Blogs viel besser darstellen.
„Dabei kamen bei den Einzelnen auch mittel- und langfristige Erwägungen zum Tragen, teils die Struktur der Dokumentation betreffend, ob sich das in der Form gut darstellen lässt, oder eine externe Darstellung mit einem eigenen Bericht nicht geeigneter wäre. “
Manche haben wohl schon angefangen, Darstellungsformen zu entwickeln: http://gfx.sueddeutsche.com/karriere/schavan/
Mit dem Schavan-Dokumentar verlässt die Nr. 3 das Wiki mit fast 4000 reinen Fragment-Editbeiträgen. Mit einer Engelsgeduld hat er auf Unterstützug durch seine Mitdokumentare gewartet, aber sie wurde ihm verweigert.
Es gibt nach wie vor 48 von ihm erfasste Fragmente, die nicht von anderen Mitgliedern gesichtet (also gegengeprüft) wurden. Diesen stehen 36 gesichtete gegenüber. Da nur gesichtete Fragmente in die Berechnung bei Vroniplag eingehen, wurde die Absolution Schavans in der Presse durch Weber-Wulff nur mit der Hälfte des vorhandenen Materials vollzogen.
Nachzuprüfen im Wiki.
Warum aber wurde der Schavan-Dokumentar ignoriert? Ihn unterscheidet zweierlei vom Vroniplag-Stammtisch. Zum einen schaut er akribisch hin – zum anderen aber war er der letzte, der sich dem Chat verweigerte. Ihm fehlte trotz der herausragenden Leistung der Stallgeruch.
„Zudem sollten wir zu einer zeitigen Entscheidung kommen, da der Fall sonst wegen seiner Brisanz woanders veröffentlicht würde (wie jetzt geschehen).“ – Und dann war man bei Vroniplag überrascht und musste so seltsame Aussagen gegenüber den Medien machen? Demnach war doch allen klar, das der Fall das Licht der Welt erblicken wird, halt nur nicht auf Vroniplag. Da scheint jemand ja offen damit umgegangen zu sein, nichts wurde heimlich aus Vroniplag „geklaut“. Hat man es jemandem anders nicht zugetraut, weil man bei Vroniplag denkt, dass nur Vroniplag so etwas veröffentlichen kann?
Lieber Stefan,
die Rezeption in der Presse heute hat uns genauso geärgert wie sie, da waren wir einfach nicht genug vorbereitet. Daraus wird man lernen müssen, keine Frage.
Ich kann nur zu meinen persönlichen Gründen sprechen, warum ich mich bei der Abstimmung enthalten habe. Die 10% Hürde ist ohne Frage eine Krücke, die für uns aber eine wichtige pragmatische Funktion hat: Sie hält uns Bagatellfälle erfolgreich vom Hals, und sie kann schnell verstanden und kommuniziert werden. So filtern wir false positives heraus, bezahlen dies mit false negatives (higher precision, lower recall). Das ist uns bewusst und wird auch immer wieder auf den Prüfstand gestellt. Es ist kein in Stein gemeisseltes Gesetz.
Tatsächlich wurden die 10% bei As nach unseren Sichtungskriterien mit Ach und Krach erreicht, aber erst nach intensiver Recherche in allen von As angegebenen Quellen. Die Frage war also, ob der Fall auf die Startseite kommt, in der Erwartung, dass es keine weiteren Funde geben wird. Zudem sollten wir zu einer zeitigen Entscheidung kommen, da der Fall sonst wegen seiner Brisanz woanders veröffentlicht würde (wie jetzt geschehen). Eine Richungsänderung des Projektes (hin zu weniger drastischen Plagiatsfällen) unter Zeitdruck ist aber meines Erachtens kaum zu meistern, wenn nicht ein breiter Konsens herrscht. Der war zu dem Zeitpunkt einfach nicht gegeben.
Das sind alles Momentaufnahmen. Vor einem Jahr war es Konsens, nur Dissertationen von Personen, die im öffentlichen Interesse stehen, auf VroniPlag zu untersuchen. Heute gibt es mehrere Fälle über Dissertationen unbekannter Leute, weil die Doktorarbeiten wichtiger geworden sind als die Personen dahinter. Vor einem Jahr war es Konsens, nur Dissertationen an deutschen Universitäten zu untersuchen, heute gibt es zwei ausländische Fälle. Wie immer gilt: Das Schwierige machen wir sofort, das Unmögliche dauert noch ein bischen 🙂
Na das ist eine Ansage, die auf Langfristiges hoffen lässt. Sehr schön.
Ich habe mir freilich schon Ähnliches gedacht, wollte es nur aus „Eurem Mund“ hören. Wenn ich jetzt umrechne, liegt Schavan bei ca. 16 Prozent. Die Leistung, alle zitierten Quellen überprüft zu haben, ist gigantisch, keine Frage! Aber das Buch Stadter weist doch darauf hin, dass möglicherweise aus noch mehreren unzitierten Quellen abgeschrieben wurde, oder irre ich mich? Mir ist vollkommen klar, wenn die Sache stockt, steht man vor einem Entscheidungsdilemma: Macht VroniPlag Schavan öffentlich, bleibt es bei ca. 16 Prozent und wird der Grad dann nicht aberkannt, hätte es das Ende des Projekts bedeuten können (das hätte öffentlich als „Irrtum“ oder „Blamage“ im „größten“ Fall interpretiert werden können). Die Alternative war die Dynamik, die jetzt entstanden ist. Wäre ich VroniPlag-Mitarbeiter, hätte ich mich für die erste Variante entschieden. Einfach, weil mir die bereits dokumentierten Stellen „genügen“. Und vielleicht hätte eben eine Veröffentlichung dazu geführt, dass noch mehr gefunden worden wäre. Deshalb bleiben die nächsten Tage enorm spannend.
LG
sw
VroniPlag arbeitet konsens-orientiert. Wenn sich kein Konsens ergibt, kann man sich zu gewissen Entscheidungen halt nicht durchringen. Das kann man als Nachteil eines gemeinschaftlich organisierten Projektes sehen, es macht aber auch seine Stärke aus, denn dadurch trennt sich halt die Spreu vom Weizen.
Kein einzelner Fall, auch nicht der von Schavan, ist wichtig genug, dieses Konsensprinzip zu durchbrechen und so das Projekt zu sprengen. VroniPlag dokumentiert und leistet genug, das müssen andere erstmal nachmachen. Und wie schavanplag zeigt, muss nicht jede Plagiatsmeldung über VroniPlag gehen.
Wenn Leute bei VroniPlag von Grenzfall sprechen (und hier schliesse ich Martin Heidingsfelder aus, der seit einem halben Jahr nicht mehr mitmachen darf und vom Fall Schavan bis gestern nichts wusste), meinen sie die Grenze, die bei VroniPlag als Konsens dient zur Vermeidung von internen Streitigkeiten. Da ist ein grosser Sicherheitsabstand mit einberechnet, der wichtig ist, damit einzelne Fehler, die in einem offenen Wiki schnell passieren können, nicht entscheidend sind.
Die falsche Darstellung in den Medien dazu kann man nur langsam korrigieren. Wir sind eine geölte Plagiatsdokumentationsmaschine, aber keine geölte Presseagentur. Man möge uns das nachsehen. Ich stimme dir ja völlig zu, dass ein fehlender Konsens bei VroniPlag kein Persilschein ist, und wir versuchen das auch so darzustellen. Die falsche Darstellung ist verursacht durch ein leicht verunglücktes Interview mit Debora und durch die völlig unqualifizierten Aussagen von Martin Heidingsfelder. Das wird sich über die Zeit korrigieren, wenn die sorgfältiger recherchierten Artikel erscheinen.
Lieber marcusb,
danke für Deine „versöhnlichen“ Worte, obwohl ich Euch ja (erstmals) ein wenig angegriffen habe. Ich hoffe auch sehr, dass hier Tiefenrecherchen folgen werden. Allerdings zeigt ja die Dynamik des vergangenen Jahres, dass das (fast) niemand tut, wenn es nicht VroniPlag macht. Die Universitäten anerkennen in aller Regel immer nur das, was man schon dokumentiert hat. Ich kenne nur EINEN EINZIGEN FALL, bei dem eine Universität selbst weiter recherchiert und mehr gefunden hat. Auch die wissenschaftlichen Meinungsbildner (die sogenannten „Spitzenforscher“, Leiter von großen wissenschaftlichen Institutionen etc.) halten sich ja in Sachen Plagiat total zurück. Und die Journalisten? Ich befürchte, die checken es diesmal nicht und werden kaum investigativ vorgehen.
Nach Althusmann im Sommer, der (ganz im Gegensatz zu Schavan) tatsächlich „nur“ ein Grenzfall war, liegt nun mit der schavanplag-Dokumentation erstmals eine genaue, empirisch überprüfbare öffentliche Dokumentation von Plagiaten jenseits der Plagiatswikis vor. Und das fand ich außerordentlich spannend. Da fand ich es jammerschade, wenn nicht ärgerlich, heute überall die Schlagzeile zu lesen: ‚Schavan durch VroniPlag entlastet‘. Da sieht man, was angerichtet werden kann: Ein paar Telefonate von Journalisten mit Frau Weber-Wulff und Martin Heidingsfelder, und schon ist massenmedialer Konsens: Ein bisschen unsauber, aber kein Plagiat. Wenn nichtmal VroniPlag „Plagiat“ in den Mund nimmt, dann ist es keines. Untersuchung beendet.
Das ist einfach nicht die „historische Wahrheit“, wenn ich das so pathetisch formulieren darf. Und da erwachen meine Energien für die Sache eben wieder – trotz Zeitmangels (wegen eines „normalen“ Jobs).
LG
sw
Ja, Herr Weber,
das Ziel einer Abstimmung unter den aktiv Mitwirkenden bei VroniPlag Wiki ist, die mehrheitliche Auffassung zur Vorgehensweise zu ermitteln. Es wurde übrigens nicht darüber abgestimmt, was da vorliegt, das wäre ja Unsinn. Es wurde dazu abgestimmt, wie damit sinnvollerweise verfahren werden sollte. Dabei kamen bei den Einzelnen auch mittel- und langfristige Erwägungen zum Tragen, teils die Struktur der Dokumentation betreffend, ob sich das in der Form gut darstellen lässt, oder eine externe Darstellung mit einem eigenen Bericht nicht geeigneter wäre. Was die Leute abstimmen, ist nicht „Wahrheit“ oder „Plagiat“, sondern eine Abstimmung zur Vorgehensweise. Und das können Sie einer Gruppe, die Sie als Außenstehender kommentieren, wirklich an Eigenständigkeit lassen.
Ich sehe auch überhaupt keine „Verharmlosung von glasklaren Plagiaten“.
Allerdings, wenn ich diese Formulierung aus Ihrer Feder lesen muss, fühle ich mich jäh um ca. ein halbes Jahr zurückgeworfen, als ich beim Radiohören meinen Ohren kaum traute. Also bitte.
Lieber Martin Klicken,
interessant wären natürlich nun die Gründe, die gegen eine Veröffentlichung des Falls Schavan auf VroniPlag gesprochen haben. Sehe ich folgendes richtig (wenn nicht, bitte korrigieren Sie mich)?
1) Der Fall überschreitet den 10-Prozent-Seitenanteil. (Wobei ich betonen möchte, dass diese Grenze eine Erfindung von VroniPlag ist, nur für die Leser der Kommentare. Und auch VroniPlag hat nicht immer gleich bei Erreichen der zehn Prozent publiziert, sondern öfter auch erst später.)
2) Auf schavanplag sind Verschleierungen, Bauernopfer und auch (wenige, so nicht kategorisierte) Komplettplagiate dokumentiert.
3) Auch auf VroniPlag finden sich Fälle, bei denen nahezu die gesamte Literatur im Literaturverzeichnis steht, aber trotzdem Plagiate aus diesen Literaturtiteln identifiziert werden konnten. Aller Erfahrung nach schließt sich das ja überhaupt nicht aus.
4) Die Dissertation von Frau Schavan stammt aus dem Jahr 1980, ist also vier Jahre älter als die von Frau Mathiopoulos. Ich kann mir nicht denken, dass die Plagiate von Schavan z. B. als schon verjährt oder irgendwie „zu alt“ angesehen wurden.
Nun habe ich vier Gründe genannt, die für eine Veröffentlichung auf VroniPlag sprechen, ja diese sogar als mehr oder weniger zwingend erscheinen lassen. Nun würden mich mögliche Gegenargumente interessieren, nur, um die Entscheidung besser zu verstehen.
Eines könnte sein, dass die übrigen Teile der Dissertation so brillant und über jeden Plagiatsverdacht erhaben sind.
LG
sw
Es ist doch wohl die Sache von vroniplag, was sie als Plagiat ansehen.
Naja, dass „ein Plagiatsvorwurf gegen schavanplag erhoben“ wird, ist eher scherzhaft gemeint. Das ist so ähnlich, als wenn man eine Quellenedition macht und die als Plagiat bezeichnet, weil es 1. die Quellen und 2. früher schon Quelleneditionen der selben Quellen gab.
In diesem Fall ist aber wichtig, dass der Plagiatsvorwurf gegen Schavan von VroniPlag stammt. (Kommentatoren in meinem Blog sind da noch viel sicherer als ich.) Dort meinte man aber, mit VroniPlag-Mehrheit die Frage klären zu können, ob es sich um wiss. Fehlverhalten handelt oder nicht. Das muss allenfalls die Promotionskommission/die Fakultät mit Mehrheitsbeschluss feststellen, nicht aber VroniPlag.
Ich bin nicht sicher, ob graduelle Unterschiede zwischen Schavan und (z.B.) Mathiopoulos tatsächlich irrelevant sind, wie Sie suggerieren. Ich würde mich freuen, wenn Sie mal ein paar zweifelhafte Stellen aus der VroniPlag/Schavanplag-Dokumentation diskutieren könnten, was da jeweils für eine Bewertung als Plagiat oder dagegen spricht.
Schöne Grüße
Erbloggtes