Vor-Ort-Reportagen, wörtliche Interview-Zitate und sogar Meinungsbeiträge plagiiert: Der „supersaubere Qualitätsjournalismus“ von Alexandra Föderl-Schmid

Alexandra Föderl-Schmid gilt als das Aushängeschild des Qualitätsjournalismus in Österreich. Für Nicht-Österreicher: „[…] Föderl-Schmid ist stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, von 2007 bis 2017 war sie Chefredakteurin und später Mitherausgeberin der Tageszeitung ‚Der Standard‘ und hat über privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunk dissertiert.“ (Quelle: ORF, „Was rettet den Qualitätsjournalismus?“)

Undenkbar wäre bis vor kurzem die Nachricht gewesen, dass Alexandra Föderl-Schmid in ihren journalistischen Arbeiten mitunter so plagiiert hat, dass es an den Spiegel-Fälscher Claas Relotius heranreicht. Ebenso undenkbar wäre die Nachricht gewesen, dass sie in ihrer Dissertation an zumindest 157 Stellen plagiiert hat und sogar in ihren späteren Buchbeiträgen im Wiener Picus-Verlag immer wieder gegen die Zitierregeln verstoßen hat.

Die folgende Dokumentation ist das Ergebnis einer ersten stichprobenartigen Überprüfung von exakt 1.091 Artikeln aus der Süddeutschen und einigen Artikeln aus dem Standard. Die Überprüfung erfolgte aus wissenschaftlichem Interesse, sie wurde von uns selbst finanziert. Das Medium NIUS hat sie nicht beauftragt.

Fest steht schon jetzt, dass das Problem weit über bloß ungenannte Agenturquellen hinaus geht. Alexandra Föderl-Schmid hat unter anderem aus dem Spiegel, aus der taz und von Deutschlandfunk Kultur plagiiert – und dies zum Teil aus Texten, die schon Jahre zuvor bei den medialen Konkurrenzangeboten erschienen sind. Besonderer Beliebtheit als Plagiatsquelle erfreute sich die taz, gefolgt vom Spiegel.

Wir haben die bisherigen Funde wie folgt kategorisiert:

Kategorie 1: Teilplagiierte Vor-Ort-Reportagen, auch mit plagiierten wörtlichen Interview-Zitaten, damit Verdacht auf Fälschung („Relotius-Journalismus“)

Kategorie 2: Teilplagiierte Meinungsbeiträge (Kommentare)

Kategorie 3: Aus anderen Medienquellen teilplagiierte Textpassagen

Kategorie 4: Kopierte Agenturtexte ohne Quellenangaben z.B. an den Enden der Artikel; die Autoren-Vignette lässt einen Bericht vor Ort und allein aus der Feder der Verfasserin erwarten

Kategorie 5: Aus übrigen Quellen (Webseiten etc.) teilplagiierte Textpassagen

Bei Kategorie 4 kann man der Auffassung sein, dass es zwar unschön, aber ethisch vertretbar ist: Medien zahlen ja für ihre Agenturen, also müssten sie sie nicht anführen. Bei allen anderen Kategorien leuchtet hingegen eine rote medienethische Lampe! Unfassbarerweise haben jedoch gerade die Medienethiker Föderl-Schmid verteidigt.

Lesen Sie hier das Ergebnis unserer bisherigen Untersuchung (29 Seiten, Download als PDF-Dokument hier):

AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 01
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 02
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 03
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 04
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 05
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 06
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 07
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 08
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 09
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 10
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 11
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 12
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 13
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 14
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 15
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 16
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 17
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 18
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 19
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 20
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 21
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 22
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 23
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 24
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 25
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 26
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 27
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 28
AFS SZ Standard Plagiate Zwischenbericht 1 Seite 29

Wie auf der letzten Seite unserer Untersuchung nachzulesen, war Föderl-Schmid beim Austeilen nie verlegen. Recht so: Das ist ihr Job als Journalistin. Aber nun ist es geboten, die Maßstäbe auch auf sich selbst anzulegen. Und wir Rezipienten müssen uns fragen: Wollen wir solche Auswüchse unter dem Label „Qualitätsjournalismus“? Was ist da offenbar über Jahrzehnte schief gelaufen?


Auch in Föderl-Schmids Buchpublikationen finden sich Verstöße gegen das Zitiergebot. Pikant dabei: Erneut erwähnt sie in einem Beitrag, der Plagiate enthält, das Thema Plagiieren (10 Seiten, Download als PDF-Dokument hier):

Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 1
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 2
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 3
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 4
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 5
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 6
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 7
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 8
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 9
Plagiatsgutachten Bücher Föderl-Schmid Seite 10

Anhand der beiden Zitate von Niklas Luhmann sieht man, wie unsauber gearbeitet wurde: Es ist unzumutbar, dass eine promovierte Kommunikationswissenschaftlerin das Standardwerk von Niklas Luhmann, „Die Realität der Massenmedien“, erkennbar aus einer Sekundärquelle aus dem Internet abschreibt, mit sieben identischen Abweichungen gegenüber dem Original in beiden Versionen. Das ist ein Rückschritt gegenüber fast 120 Jahren wissenschaftlichen Spielregeln. Und es zeigt auch eine Geringschätzung gegenüber der Wissenschaft an, wenn man sich nicht einmal bemüht, diesen tollen Text im Original aufzusuchen.

6 Kommentare zu “Vor-Ort-Reportagen, wörtliche Interview-Zitate und sogar Meinungsbeiträge plagiiert: Der „supersaubere Qualitätsjournalismus“ von Alexandra Föderl-Schmid

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  1. Lukas Brändle

    Vielen Dank für Ihre Arbeit, Herr Weber!

    Frau Föderl-Schmid dürfte Geschichte sein. Wie sich Herr Wolf und Herr Klenk verhalten, ist traurig. Leider zwei der einflussreichsten Journalisten des Landes.

    Hätte ich das nicht auf X gelesen, ich hätte nichts erfahren. Eine Schande. Aber dass Frau Föderl-Schmid unter den Innbrücke war, darüber wurde berichtet (und implizit hat man Sie, Herr Weber, dafür verantwortlich gemacht). Ich glaube Frau Föderl-Schmid wusste sehr genau, was sie getan hat und was noch herauskommen wird.

    Wie sie gegen Plagierer austeilte, war hart. Aber so war es richtig. Nur sollte man dann selbst nicht plagieren. End of story!

    Nochmals Vielen Dank, Herr Weber, Sie versuchen den Wissenschaftsstandort Österreich zu retten!

    Antworten
  2. Ernst Schwadisch sen.

    Wenn Akademiker diese Dame trotzdem weiterhin noch verteidigen, so ist in über 90 Prozent der Abschlußarbeiten dieser „Akademiker“ auch etwas faul. Es gibt also noch wahnsinnig viel zu tun.
    Ich bin für ein Amnestiegesetz, welches ein großes Angebot machen sollte: Wer sich freiwillig JETZT (oder innerhalb einer Frist von zum Beispiel der kommenden 2 Jahre) bei seiner Universität meldet und darum bittet, seine eigene Abschlußarbeit nachzubessern und diese dann neu bewerten zu lassen, dem sollte keine Strafe drohen. Allen aber, die sich nicht zu solch einem Schritt auf Basis eines neues Gesetzes durchringen können (obwohl sie geferkelt haben), denen sollte eine harte Strafe angedroht werden – ohne jegliche Verjährungsoption. Wenn wir das nicht machen, ist der Ruf des Wissenschaftsstandortes im…
    Ein solches Angebot wäre für den gesellschaftlichen Frieden sinnvoll. Betroffen sind hauptsächlich die Geburtsjahrgänge von den 70er’n bis Ende der 80er Jahre. Diese haben ihre Abschlußarbeiten meist zwischen 1990 und 2015 geschrieben. Vor 1990 gab es noch nicht derartig viele und einfache Methoden zu klauen. Nach 2015 wurden die Absolventen deutlich vorsichtiger.

    Antworten
    1. Stefan Weber Beitragsautor

      Nach diesen Stellen wird sie nicht mehr verteidigt werden. Nach Phase 1 (Versuch der Zerstörung meines Rufs) sind wir jetzt in Phase 2 eingetreten: Komplettes Totschweigen der Fakten. Dass von Steuergeldern finanzierte österreichische Universitätsprofessoren wie Fritz Hausjell und Herr Filipovic, Universität Wien und zuletzt auch Matthias Karmasin, Universität Klagenfurt, Frau FS verteidigt haben und sogar einige der Genannten die Plagiate in Abrede gestellt haben, wird diesen bald auf den Kopf fallen.

      Journalisten wie Armin Wolf oder Florian Klenk haben ja bereits in Rundmails klar gemacht, nichts zu berichten – komme, was wolle. Das halte ich für das geringere Übel.

      Problematisch ist die Reaktion aus der Wissenschaft.

  3. Gutmensch

    Wetten dass … die „Qualitätspresse“ diese detaillierten Ausführungen nicht zur Kenntnis nehmen wird! Weber ist schuldig, das brauchen wir uns doch nicht näher anzusehen.

    Antworten
    1. Stefan Weber Beitragsautor

      Nun ja, es kommt ja noch ein Endbericht von uns und der der „Klusmann-Kommission“. Deren Bericht wird ja sicher auch veröffentlicht werden. Etwaige Tipps für einen korrupten Freispruch kann sich die Kommission nun an der Universität Salzburg holen, bei Prof. Dr. Kirsten Schmalenbach.

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