Ein Elaborat mit dem Titel „Für ein Europa der Vaterländer… Europas rechtsdemokratische und patriotische Bewegungen – politische Aktivitäten, Wahlerfolge, inhaltliche Orientierung im Zeitraum 2016 und 2017″ besteht seitenweise aus Plagiaten aus der Wikipedia, aus Artikeln des deutschnationalen Magazins „Zur Zeit“, aus diversen Agenturmeldungen und mutmaßlichen weiteren Quellen. Die Plagiatssoftware Turnitin findet alleine 12 Prozent Übereinstimmungen mit Quellen aus der Wikipedia. Der mittlerweile offiziell vom Netz genommene Text ist hier und hier noch abrufbar.
Finanzspritze für Brachial-Plagiat
Warum die Aufregung? Auf dem Deckblatt des Machwerks ist zu lesen: „Financed by the 400 budget of the ENF group.“ Nun, wofür hat die rechtspopulistische ENF (Europa der Nationen und der Freiheit) im Auftrag des österreichischen FPÖ-Politikers und EU-Parlamentariers Harald Vilimsky hier Geld ausgegeben? Der Text besteht nach einer Einleitung aus acht Kapiteln zu acht rechten Parteien und Bewegungen in Europa – wie AfD, Lega Nord, Front National, UKIP oder DFP. Dabei wurde zunächst jeweils der Wikipedia-Artikel zur jeweiligen politischen Bewegung kopiert – ohne jeden Quellenverweis, ohne jegliche graphische Hervorhebung, ohne jegliche Kenntlichmachung. Dann wurden Agenturmeldungen an den jeweiligen Wikipedia-Artikel gereiht, vorwiegend von der dpa. Dabei machte sich der „Verfasser“ nicht einmal die Mühe, den üblichen Präsens aus den älteren Agenturmeldungen in die Vergangenheitsform zu bringen. Auch hier: Nicht eine einzige Quellenangabe. Kein Zitat. Nichts. Einfach nur eine gecopypastete Aneinanderreihung, die man wohl in einem Tag schaffen würde.
Aus der „Studie“:
Das lasen wir schon 2017 in „Zur Zeit“: Aus den dortigen „Urnengängen“ wurden in der „Studie“ „Abstimmungen“, die Wörter „rechtsextremen“ und „Rechtspopulist“ wurden später ergänzt. Ein bewusstes Plagiat, ein Täuschungsmuster also!
Das ist keine „Studie“, das ist Bullshit
Eine kursorische stilometrische Analyse zeigt: Hier wurde offenbar alles geklaut. Übrig bleiben allenfalls einige Interviews mit Repräsentanten der Parteien, einige davon waren jedoch auch schon vorher in „Zur Zeit“ veröffentlicht worden. – Das ist keine wissenschaftliche Studie. Das ist auch keine Studie. Das ist, pardon, reiner Bullshit.
Eklatante Urheberrechtsverstöße
Aber urheberrechtlich und medienethisch ist das relevant: Die Studie war auf der FPÖ-Seite für jedermann ohne Schranken abrufbar. Laut §57 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes greift auch bei freien Werknutzungen der Schutz geistiger Interessen, und Quellenangaben haben auf alle Fälle zu erfolgen. Wörtliche Text-Übernahmen aus der Wikipedia, wie hier in großer Zahl geschehen, haben unter den Lizenzbedingungen der Wikipedia zu erfolgen. Agenturmeldungen, für die Massenmedien teures Geld bezahlen, müssen ebenso gekennzeichnet werden.
Quellen und „Studie“ sind plagiatsfähig
Plagiatsfähig sind also sehr wohl auch Quellen, die der freien Werknutzung unterliegen. Und ein Plagiat kann auch in einem Text wie dem vorliegenden vorkommen. Er stammt als Werk von einem menschlichen Urheber: Auf dem Deckblatt ist eine „Edition K3 – Gesellschaft für Sozialpolitische Studien Verlags- und Beratungs Ges.mbH.“ angegeben. Eine E-Mail-Adresse im Firmen-ABC ist vielleicht aufschlussreich: