Nun, der Name des beghostwriteten „David“ ist mir bekannt. Der Fall ist auch bereits verifiziert worden. Aber was wird schon passieren? Genau gar nichts. Denn wir haben ja in Österreich auch an den Universitäten die Amtsverschwiegenheit. In der Forschung und in der Publikationspraxis sind wir im Zeitalter von Open Access, Open Data und Open Content angekommen, da gibt es Transparenz, kollektives Teilen und einen öffentlichen Diskurs. Aber wenn es um die Schattenseite der Wissenschaft geht, herrscht in Österreich als letztem Land Europas die völlige Intransparenz. Noch viel schlimmer als der Einzelfall „David“ ist ja die Vorstellung, dass das Betrügen der geschilderten Art systemisch sein könnte:
„Viele meiner Freunde studieren auch Kommunikationswissenschaften, und ich weiß, dass ich nicht der Einzige bin, der Arbeiten nicht selbst verfasst.“
Hier einige Passagen aus E-Mail-Reaktionen. Leider trauen sich die Verfasser (noch) nicht, mit Klarnamen für ihre Positionen einzustehen. Ich hoffe, dass sich auch das irgendwann einmal ändern wird. Da ich die Diskussion für außerordentlich wichtig halte, gebe ich Auszüge wieder:
„Ich habe gerade Ihren letzten Blog-Beitrag gelesen: Es ist wirklich erschütternd! Ein wahres niederschmetterndes Sittengemälde über die Zustände an österreichischen Universitäten. Und es geht dabei nicht nur um das Thema Plagiate. Es stellt sich die Frage, ob österreichische Universitäten rechtsfreie Räume sind, in denen einfach alles geht. Über Seilschaften, Intrigen und Mobbing werden Machtpositionen erkämpft und schamlos ausgenutzt. […] Ich sehe mich in vielem, was Sie geschrieben und erlebt haben, wieder.“
„Vielleicht sollte man gewisse Studienrichtungen überhaupt schließen und, notfalls, neu gründen? […] Wenn man den Studentinnen in gewissen geisteswissenschaftlichen Fächern von Anfang an beibringt, dass jede Wahrheit ein ‚kulturelles (ideologisches) Konstrukt‘ sei, welches keine Objektivität beanspruchen dürfe, dann soll man sich nicht scheinheilig wundern, dass die Schlauen, Skrupellosen und Unfähigen, die das nötige Kleingeld haben, sich diese ‚Wahrheit‘, die im Grunde ein austauschbarer Witz ist – es geht einzig um die komfortabelste Art, sich ein Zertifikat zu besorgen –, professionell erschreiben lassen.“
„Leider erlebe ich in meiner Tätigkeit, dass ‚Schummeln‘ immer noch von vielen Lehrenden und Verantwortlichen als Kavaliersdelikt gesehen wird. […] Dies fördert natürlich eine ‚Mir kann eh nix passieren‘-Mentalität.“
Die Institutsschließung in Salzburg – so angedacht auch bereits im Jahr 2011 für die Klagenfurter Medien- und Kommunikationswissenschaft – wäre wohl keine schlechte Idee.
Also ich habe an der Universität Salzburg im Fach Kommunikationswissenschaft studiert und ich kann Ihnen sagen, Herr Weber, dass am Fachbereich (Institut ist es schon lange keins mehr) sehr darauf geachtet wird, dass man seine Arbeiten selbst verfasst, dass man nicht plagiiert, wir haben sogar Prüfungen in richtigem Zitieren und lernen, dass die Auslassung von Zitaten schwerwiegender ist als wenn wir viele Zitate in einer Arbeit haben.
Jede Arbeit, sogar Proseminararbeiten und Aufsätze, werden durch Plagiatsprüfsoftware kontrolliert und die ist tw. so erpicht darauf, Plagiate zu finden, dass sie wenn man alles richtig zitiert hat sogar Fehler erfindet – in meinem Fall z.b. dass ich angeblich das Wort „2008“ nicht richtig zitiert hätte – im Literaturverzeichnis, wo es in Klammern hinter dem Namen des Autors stand und angeblich sei die Zahl, ja diese Jahreszahl, aus einem MSDN-Artikel geklaut… Manchmal hat so ne Plagiats-Software echt Humor 😀
Vieles davon kam gerade weil Ihre Kritik an den Zuständen an der Uni Salzburg nicht auf taube Ohren stieß, sondern zu vielen Reformen geführt hat. Klar, die Plagiatssoftware kann nicht verhindern, wenn irgendein fauler Student meint, seine Arbeit von wem anderen schreiben lassen zu wollen. Allerdings weiss ich von denen, mit denen ich zusammen den Master gemacht habe und mit denen ich näher befreundet war, dass diese alle selbst ihre Masterarbeit geschrieben haben. In Fakt, ich war selbst tw. dabei, wenn sie daran tippten.
Richtig ist: Leider passiert vieles an der Uni nur noch über „Vitamin B“ und wer das nicht hat, der ist außen vor. Wer neuer Professor oder Doktorant wird ist meist schon vor der Ausschreibung der Stelle entschieden. Das ist aber nicht an einem bestimmten Fachbereich so – das ist fast leider überall so. Und ja, es ist eine Unsitte, mit der aufzuräumen gilt. Aber da dürfte wohl kaum ein Angriff auf bestimmte Institute oder Fachbereiche was helfen – eher schon ein Angriff auf diese Unsitte allgemein, die in vielen Fällen ja sogar gegen das UG ist.
Der Blog-Beitrag von Dozent Weber sollte Pflichtlektüre an allen österreichischen Universitäten sein!
Das liest sich ja wie ein Erfahrungsbericht aus prä-demokratischen Zeiten, so als ob die Universitäten im 18. Jahrhundert stehengeblieben bzw. in diese Zeit zurückgefallen wären – ist leider aber traurige Realität. Mit seinem Kampf gegen das Plagiatsunwesen hat Dozent Weber nur an einem der vielen wunden Punkte angesetzt, die das österreichische Universitätswesen gegenwärtig charakterisieren. Das Universitätsgesetz (UG) des Jahres 2002 hat offenkundig eine dramatische Situation noch weiter verschlimmert.
Spätestens jetzt müssten die aufgezeigten Missstände konsequent angegangen werden. Und bei Dozent Weber müsste sich eine Reihe von Personen entschuldigen! Eine Auszeichnung durch das Ministerium wäre überfällig. Wenn jetzt etwas mehr auf die „gute wissenschaftliche Praxis“ geschaut wird, dann ist das ganz zentral Dozent Weber zu verdanken. Das ist akademisch und volkswirtschaftlich mehr wert als 10 Professuren!
Und was ist mit den Vorgängen in Innsbruck, von denen alle in Österreich (und weit darüber hinaus) wissen, gleichzeitig aber verschämt wegblicken? Dort hat es reihenweise „ad personam“-Berufungen gegeben, die klar rechtswidrig waren. „Auswahlverfahren“ aus dem Kreis einer Person, deren Namen schon vorab als zukünftiger Inhaber/als zukünftige Inhaberin der Professur protokolliert worden sind! Klingt nach Schilda, aber bei genauem Hinschauen vergeht einem das Lachen.
Wie naiv sind wir?
Ein/e Professor/in, welche/r mit einem sehr gut bezahlten Sälar, seit zig Jahren einen angesehenen und mittlerweile bequemen Posten ersessen hat, und nebenbei mit anderen Funktionen sich ein respektables Zubrot verdient, und eventuell noch bis zur Emeritierung den eigenen Sessel am Institut warm hält, soll von Gewissensbissen geplagt sein?
Welche/r Professor/in gibt zu, nicht in der Lage zu sein, gute NachwuchswissenschaftlerInnen zu erkennen?
Welche/r Wissenschaftler/in offenbart, dass er/sie schon seit Jahren keine ordentliche Publikation zustande gebracht hat?
Wie viele WissenschaftlerInnen nehmen deshalb belanglose Funktionen an, wo zwar eine kleine universitäre Schnittstelle existiert, diese jedoch als dürftige Begründung dient, weshalb sie keine Zeit haben, um echte und gute Wissenschaft zu betreiben?
Welche/r Wissenschaftler/in gesteht, dass sie den begehrten Posten auf Grund von Seilschaften und Gefälligkeiten bekommen hat?
Welche/r Professor/in bekennt sich zu seiner/ihrer Bequemlichkeit gar Faulheit, und sich deshalb nur für die notwendigsten Agenden verpflichtet?
Und welche/r Professor/in räumt ein: “Eigentlich habe ich diesen Posten gar nicht verdient und es gibt viel bessere WissenschaftlerInnen als meine Wenigkeit.”?
Geld, Status und Anerkennung stinken nicht, fällt mir nur dazu ein.
Ich denke, zu einer Schließung des Institutes wird es wahrscheinlich nicht kommen. Zu viel Machtgefälle, Ressourcen und Interessen werden im Spiel sein. Außerdem wäre die Schließung ein Schuldeingeständnis des eigenen Versagens des Institutes, der Fakultät und des Rektorats.