Schnell. Schneller. Am schnellsten. Wohl nur die wenigsten Wiener werden wissen, dass hier an der Nobeladresse Graben 12 in Wiens erstem Bezirk der Eingang zu einer polnischen Universität ist – und das Tor zu wahnsinnig schnell erworbenen und bezahlten höheren bis höchsten akademischen Weihen:
Quelle: Google Maps, November 2023
Das „Collegium Humanum“, eine Privatuniversität aus Warschau, betreibt hier eine „Studienberatungsstelle“. Auf der Website heißt es:
„Im Jahre 2018 wurden die ersten Studien der Collegium Humanum bei der AQ Austria gemeldet und seit 2022 ist die Studienberatungstelle der Collegium Humanum in Wien 1010 tätig und bietet eine maßgeschneiderte Studienplanung für zukünftige Studentinnen und Studenten aus Österreich, Polen und der europäischen Union. Die persönliche Betreuung während des Zulassungsverfahrens, der Inskription und des Studiums führt zu einer bemerkenswert hohen Studienabschlussrate von 96%.“
Wie sieht es mit der Qualitätskontrolle aus? Was weiß die wissenschaftliche Öffentlichkeit über den Output dieser Universität? Abschlussarbeiten finde ich im Online-Katalog grundsätzlich keine. Die Titelproduktion dieser Universität findet im Verborgenen statt, könnte man sagen.
Zwei Beispiele: Eine Person, die sich jetzt stolz auf ihrer Website „Univ.-Prof. Dr.“ nennt und den Doktorgrad sogar als URL-Bestandteil führt, versetzt die Warschauer Privatuniversität auch nach Wien, wodurch der Eindruck eines Studiums und einer Professur an zwei Orten erweckt wird:
Noch interessanter ist der Lebenslauf einer aufstrebenden Hotelmanagerin, die in den Wiener Lokalmedien soeben für ihr Turbo-Studium allseits gelobt wurde. Neben einem Doktorat in zwölf Monaten erstaunt hier die Falschangabe „In Kooperation mit der Universität Wien.“ (Screenshot vom 02.09.23):
Die Universität Wien schreibt indes:
„Wir haben intern recherchiert: der DLE Internationale Beziehungen ist kein Abkommen mit dem Collegium Humanum in Warschau bekannt. Es gibt auch keine Aktivitäten im Rahmen von Erasmus mit der besagten Institution. Ebenso kann eine Cotutelle-Zusammenarbeit laut Doktorand:innenzentrum ausgeschlossen werden.“
(E-Mail-Stellungnahme des Studienpräses der Universität Wien vom November 2023)
Die betroffene Turbo-Doktorin hat den Satz mittlerweile abgeändert – bei dieser Studiergeschwindigkeit kann man schon mal seine Alma Mater verwechseln, oder?
Der Promotionsvermittler „Studienzentrum Hohe Warte“ steckt also mal wieder dahinter. Dessen Leiter wurde von ÖVP-Mann Harald Mahrer hoch dekoriert. Was soll man da noch sagen?
Ich klage hier gar nicht primär jene an, die diesen zweiten diskreten Weg zum schnellen Doktor und nun sogar zum Turbo-Universitätsprofessor ausnutzen. Der Skandal liegt bei der Akkreditierungsagentur und in Letztverantwortung beim Bildungsministerium, das sich auch in solche Auswüchse offenbar grundsätzlich nicht einmischt. Warum findet keine Qualitätskontrolle statt, warum greift hier nicht die Veröffentlichungspflicht von Dissertationen? Die Nicht-Einmischung scheint das Paradigma des BMBWF zu sein, siehe auch eine Serie von abgewiesenen Aufsichtsbeschwerden der vergangenen Jahre (dazu mein nächster Beitrag hier im Blog).
Ich glaube ja mittlerweile: Bei jeder Universität, die am Startscreen Personen mit Doktorhut abbildet, besteht die akute Gefahr einer reinen Titelmühle. Gerne lasse ich mich vom Gegenteil überzeugen. Aber dazu müsste ich die Abschlussarbeiten kennen, die der Öffentlichkeit vorenthalten werden.
Spannende Entwicklungen auch bei der aufstrebenden HR-Managerin. Laut LinkedIn rühmt sie sich nun damit, an der TU Wien promoviert zu haben. Eine Zulassung zu einem Doktoratsstudium ist jedoch idR mit 90-ECTS-Masterlehrgängen wie demjenigen, den sie absolviert hat, gem. UG und FHG in der zum Einrichtungszeitpunkt/Verleihungszeitpunkt gültigen Fassung in Österreich nicht möglich. Auch in den Medien (https://www.humanresourcesmanager.de/personalmanagement/die-arbeitswelt-von-buesra-bakar-bei-der-hotelgruppe-arcotel/) wird mittels eines Bildes suggeriert, dass sie in Verbindung mit der TU Wien stünde. Es wäre spannend zu wissen, was die TU Wien dazu sagt bzw. wo der Titel nun wirklich erworben wurde. Die Collegium Humanum hat jedoch laut Anabin kein Promotionsrecht. Laut AQ Austria wird kein akademischer Grad verliehen, sondern nur eine Abschlussbezeichnung (https://backend.deqar.eu/reports/AQ Austria/125456_20210514_1036_Ergebnisbericht_Collegium Humanum_WMU.pdf –> S. 8). Ich wünsche ihr selbst sehr, dass sie da auch bei der Wahrheit bleibt. Alles andere wäre sehr unfair gegenüber potenziellen Bewerbern und Kollegen.
Zurzeit scheinen sich ja maltesische Anbieter zu etablieren. Problem: Laut ENIC NARIC Austria werden bei Abschlüssen aus Malta nur solche anerkannt, die von Einrichtungen mit dem Status „self-accrediting“ verliehen wurden (https://www.fernstudium-infos.de/topic/17975-doktor-an-der-triagon-akademie-auf-malta/?do=findComment&comment=197013). Bei der maltesischen Akkreditierungsagentur kann man jedoch nachsehen, dass nur wenige Einrichtungen diesen Status haben (https://qualifications.mfhea.gov.mt/#/institutions?licenseStatus=SELF&search=true). Übrigens mischt da auch wieder Hohe Warte mit, aber auch zum Beispiel Anbieter wie „Bona Scientia“ (UIS Hochschule), Hohe Warte (SMC-Education Group) oder eben die Triagon Academy. Das wird wohl das nächste dubiose Ding werden und man kann die Probleme, wenn sich die Absolventen an ö. Unis weiterbewerben, schon erahnen.
Einige in BRD und Austria scheinen ebenfalls hier Äpfel mit Birnen zu vergleichen . Bei dem grad hier handelt sich es um ein diplom hochschulzertifikat ähnlich einem level 8 up in uk england. Also das eine ist ein level 8 hochschulzertifikat dba . Das andere ist ein dba hochschulgrad. Aber für mich ist Dr kein titel sondern akademischer grad. Und wer so auf Forschung schwört sollte den phd dann machen. Diesen gibt’s sicher auch in Light als hochschulgrad siehe mendel uni und Konsorten. wems nur um Dr vor dem namen geht der ist bald eh nichts mehr wert. Meine Meinung
Das Problem ist doch hier ein anderes. Wo kommt ein dba her aus usa. Dort ist ein dba ein extra Abschluss. Hat nichts mit dem phd zu tun. Dafür heisst er ja auch anders. In Europa geht’s einigen nur um das Dr dessen Privilegien. Eine Vereinheitlichung von 2 verschieden a Abschlüssen betreibt man hier. Ob nicht doch nach usa Motto ein dba ein postgrudiertenstudium ist und nicht ein phd . wofür braucht s dann 2 Abschlüsse. Zu den gradführungen empfehle ich hinter die Abschlüsse (hochschulzertifikat) zu schreiben oder postgradiertenstudium. Was ein dba für mich auch ist. Ob mit oder ohne Dr.
Ich bin mir sicher, dass diese „Grade“ auch in Deutschland geführt werden, es ist allerdings illegal. Wer sich Collegium Humanum-Absolvent Doktor, DBA, MBA etc. nennt, macht sich strafbar, da die Abschlüsse des Collegium Humanum keine Hochschulabschlüsse mit akademischen Graden sind, sondern Weiterbildungen, die nur so aussähen, als wären es Hochschulabschlüsse. anabin.de sagt (direkter Link nicht möglich, nach collegium humanum als Institution suchen führt zum Ziel):
„Collegium Humanum – Szkoła Główna Menedżerska“ ist eine private, staatlich anerkannte Berufshochschule ohne Promotionsrecht, die berechtigt ist, die polnischen Hochschulgrade licencjat (dt.: Lizentiat) und magister (dt.: Magister) zu verleihen. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben sind die Hochschulgrade auch auf fremdsprachlichen Abschlusszeugnissen ausschließlich in polnischer Sprache anzugeben.
Zur Durchführung von Studiengängen im Ausland benötigen polnische Hochschulen gemäß Art. 57 Pkt. 2. des polnischen Hochschulgesetzes vom 20.07.2018 in der jeweils geltenden Fassung (Dz.U. 2018 poz. 1668) die Genehmigung des polnischen Ministers für Bildung und Wissenschaft. „Collegium Humanum – Szkoła Główna Menedżerska“ verfügt nicht über eine solche Genehmigung für Deutschland.
Aufgrund der Vielzahl von Anfragen informieren wir darüber, dass ein “Bachelor of Business Administration (BBA)”, “Master of Business Administration (MBA)”, “Master of Laws (LL.M.)”, “Master of Science in Management (MSc)”, “Doctor of Business Administration (DBA)“ und weitere englischsprachige Bezeichnungen keine Hochschulgrade im Sinne des polnischen Hochschulgesetzes sind. Es handelt sich hierbei um berufliche Weiterbildungsangebote (poln.: studia podyplomowe), die gemäß polnischem Hochschulgesetz nicht zu einem Hochschulgrad führen und keine akademischen Berechtigungen vermitteln. Vor dem Hintergrund der deutschen länderrechtlichen Vorgaben für die Führung ausländischer Hochschulgrade sind sie somit in Deutschland nicht führbar.
Stand: Oktober 2023
…kann man sagen, dass Plagiatsstellen in einer Arbeit, die vorsätzlich und wesentlich und studienrechtlich relevant sind, auch schlimm sind. Bei der Bewertung der Wesentlichkeit und der Relevanz vertrete zumindest ich die Ansicht, dass es auch darauf ankommen kann, um welche Arbeit (DA oder Diss) es sich handelt und wie diese grundsätzlich benotet wurde. Am Ende muss man fragen: ist eine Aberkennung gerecht und wenn ja, dann… . Plagiate in Promotions- und Habilitationsschriften sollte nie, Leistungen aus Bachelor und Master schon verjähren. Und zwar nach fünf und zehn Jahren.
Ghostwriting ist mittlerweile auch schon verboten, diverse Promotionsberater gibt es aber noch immer. Eine Grauzone vielleicht, genauso wie die Umschreib-Unkultur? Ich denke, das ist schlimmer, denn schlechte Wissenschaft kann ehrlich sein, die Promotionsberatung (legales Ghostwriting also…?) eigentlich nie.
Aber gilt nicht der Grundsatz, dass alles was nicht verboten wird, erlaubt sein muss? Kann man wirklich alles verbieten? Mit welchem Recht? Wenn die Politik und die Gesellschaft keine klaren Regeln zu GWP schafft – und das ist möglich – wird es ein Studieren wie oben beschrieben nie massenhaft geben – es ist ja teuer – nur nie Wissenschaft und nie ehrlich, nicht mal ansatzweise. Der Kampf dagegen wird aber ein Kampf gegen Windmühlen bleiben.
VM
Falls Bundesdeutsche auf Ihre interessante Veröffentlichung stoßen und eine Beurteilung dieser sog. Berufshochschule ohne Promotionsrecht der Kultusministerkonferenz – Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, Bonn, BRD nachlessen wollen:
„„Collegium Humanum – Szkoła Główna Menedżerska“ ist eine private, staatlich anerkannte Berufshochschule ohne Promotionsrecht, die berechtigt ist, die polnischen Hochschulgrade licencjat (dt.: Lizentiat) und magister (dt.: Magister) zu verleihen. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben sind die Hochschulgrade auch auf fremdsprachlichen Abschlusszeugnissen ausschließlich in polnischer Sprache anzugeben.
Zur Durchführung von Studiengängen im Ausland benötigen polnische Hochschulen gemäß Art. 57 Pkt. 2. des polnischen Hochschulgesetzes vom 20.07.2018 in der jeweils geltenden Fassung (Dz.U. 2018 poz. 1668) die Genehmigung des polnischen Ministers für Bildung und Wissenschaft. „Collegium Humanum – Szkoła Główna Menedżerska“ verfügt nicht über eine solche Genehmigung für Deutschland.
Aufgrund der Vielzahl von Anfragen informieren wir darüber, dass ein “Bachelor of Business Administration (BBA)”, “Master of Business Administration (MBA)”, “Master of Laws (LL.M.)”, “Master of Science in Management (MSc)”, “Doctor of Business Administration (DBA)“ und weitere englischsprachige Bezeichnungen keine Hochschulgrade im Sinne des polnischen Hochschulgesetzes sind. Es handelt sich hierbei um berufliche Weiterbildungsangebote (poln.: studia podyplomowe), die gemäß polnischem Hochschulgesetz nicht zu einem Hochschulgrad führen und keine akademischen Berechtigungen vermitteln. Vor dem Hintergrund der deutschen länderrechtlichen Vorgaben für die Führung ausländischer Hochschulgrade sind sie somit in Deutschland nicht führbar.“
Stand: Oktober 2023
Das eigene Ich zu verabsolutieren, bedeutet nicht, es zu veredeln, sondern lediglich, sich selbst mit Haut und Haaren einem schieren Wahn zu überantworten. Eine so genannte „Titelmühle“ könnte deshalb kein augenfälligerer Ausdruck dafür sein, was heutzutage zwar im Gewand der Wissenschaft daherkommt, aber in Wirklichkeit nicht im Entferntesten etwas mit der Fertigkeit zu tun hat, die Wahrheit zu finden, wie Alexander von Humboldt längst kritisiert. Tatsächlich ist die Erkenntnisgewinnung dadurch bis zur Unmöglichkeit erschwert.
Meine Losung wäre: Qualitätssicherungsbehörde mit Zuständigkeit für alle Universitäten, egal ob öffentlich oder privat. Anwendung gleicher/vergleichbarer Kriterien. Harter Durchgriff bei Qualitätsmängeln. Belohnung mit Zusatzmitteln wenn Zielvorgaben übertroffen werden. Funktioniert so und ähnlich gut im Ausland.
Aber diese Behörde braucht dann schon einen Weisenrat, den die Regierungsparteien nominieren dürfen, oder?