Jetzt habe ich endlich Zeit, mich texthermeneutisch mit Robert Habecks Posting auf X von diesem Montag auseinanderzusetzen, mit dem er den von mir zu Recht erhobenen Plagiatsvorwürfen „zuvorkommen“ wollte. Das Posting ist ein Musterbeispiel für einen PR-Spin, den dann auch fast alle Mainstream-Medien Deutschlands unhinterfragt übernommen haben (Ausnahmen: Welt, Focus, Berliner Zeitung), ohne die Plagiatsvorwürfe überhaupt erst zu kennen. Man mag hoffen, dass Politiker nicht immer solche Märchengeschichten erzählen. Und dass Massenmedien nicht immer so ticken.
1 Die Behauptung von Robert Habeck, dass er „das Ganze transparent“ gemacht habe, ist falsch. Er hat überhaupt nichts transparent gemacht. Vielmehr haben ich und NIUS die Vorwürfe transparent gemacht. Robert Habeck hat nur ein PR-Video erstellt.
2 Die Behauptung ist falsch. Der Satz suggeriert, dass jene Vorwürfe, die Robert Habeck seit diesem Sonntag kennt, identisch seien mit jenen, die er „vorab prüfen lassen“ konnte. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn die vollständige Dokumentation (188 Seiten) kannte Habeck eben erst seit diesem Sonntag abends – seit NIUS sie ihm zur Stellungnahme übermittelt hat. Die „Prüfung“ erfolgte hingegen auf Basis von Erstfunden (68 Seiten) mit Stand 21.01.2025. Wie dieses Dokument zu Habeck gelangt ist, ist unbekannt. Jochen Zenthöfer von der FAZ bestreitet mittlerweile, es Habeck weitergeleitet zu haben.
3 Die Ombudsstelle der Universität Hamburg ist erstens für Promotionen gar nicht zuständig, ein einfacher Blick in die Verfahrensordnung genügt. Zweitens hat die Ombudsstelle sich nicht mit dem vollen Ausmaß des Plagiierens beschäftigt (siehe Punkt 2). Drittens hat sie mich nie kontaktiert.
4 Wer hat Robert Habeck denn „wissenschaftliches Fehlverhalten“ vorgeworfen? Was ich Herrn Habeck vorwerfe, ist eine Täuschung des Lesers.
5 Es heißt „den Präsidenten“ und nicht „den Präsident“. Die angesprochene Person ist Klimaforscher und hat fachlich mit Zitats- und Plagiatsforschung meines Wissens nichts zu tun. Da kann man gleich irgendeinen Passanten befragen.
6 Dass der (unleserliche) Fließtext der Dissertation nicht zu weiten Teilen eigenständig sei, hat meines Wissens auch niemand behauptet. Ich jedenfalls nicht. Es geht primär um Habecks Quellenarbeit und um seine verfehlte Zitiertechnik.
7 Die Behauptung ist falsch. In meiner Dokumentation sind 15 Textplagiate in der Dissertation von Robert Habeck nachzulesen.
8 Die Behauptung ist falsch. Es geht nicht um „Ungenauigkeiten in den Fußnoten“. Das ist eine bewusste Verharmlosung der Tatsachen. Es geht um eine Methode des Simulierens von wissenschaftlicher Recherche- und Lesearbeit.
9 „Wer ihn beauftragt hat“ suggeriert, dass mich jemand beauftragt hat. Die Behauptung ist falsch. Mich hat meine Neugierde beauftragt. Auch wenn dieses Motiv in der politischen Sphäre schwer zu verstehen ist.
10 „Wer ihn bezahlt“ suggeriert, dass mich jemand bezahlt hat. Die Behauptung ist falsch. Und selbst wenn mich jemand beauftragt und bezahlt hätte, würde es nichts am Wahrheitsgehalt des Vorwurfs ändern. Das ist also das immer gleiche politische Ablenkungsmanöver. Der Hinweis auf NIUS ist hier eine falsche Unterstellung.
11 Wie bitte? Weiß der PR-Texter von Robert Habeck, dass ich eine Konzession als Detektiv habe? Dass mir die österreichische Gewerbeordnung auch im (eben nicht zutreffenden!) Fall einer Beauftragung eine strenge Verschwiegenheitspflicht auferlegt? Wohl nicht. Plaudern PR-Agenturen und Detektive ihre Auftraggeber einfach so aus? Wohl nicht.
12 Die Dissertation von Frau Paluch ist ein öffentlich zugängliches Sprachwerk. Frau Paluch ist Schriftstellerin und es gibt über sie einen Wikipedia-Eintrag, insofern ist enzyklopädische Relevanz gegeben. Es gibt keinen vernünftigen Grund, ihre Dissertation nicht analysieren zu sollen.
Lieber Stefan Weber,
Sie werfen Robert Habeck die Verwendung von 128 Quellen-, Zitate- und Textplagiate vor.
Sie schreiben, Sie hätten ihm kein „wissenschaftliches Fehlverhalten“ vorgeworfen.
Wie verwerflich ist Ihrer Ansichtnach die Verwendung von Quellenplagiaten (Blindzitaten? Und was stellt die Verwendung von Quellenplagiaten (Blindzitaten) dar, wenn nicht „wissenschaftliches Fehlverhalten“?
Stünde die systematische Verwendung von Quellenplagiaten (Blindzitaten) in einer Dissertation in einem generalisierenden Vergleich der Anforderungen der Universitäten / Fakultären in der Region DACH der Erlangung des Doktortitels entgegen?
Cheers
Wilhelm
Lieber Wilhelm!
Albin Eser hat (als Strafrechtler!) „wissenschaftliches Fehlverhalten“ 1997 an zwei Kriterien festgemacht:
1) Wissenschaftserheblicher Zusammenhang
2) Grob fahrlässig oder bewusst
Ad 1: Ermöglicht einen enormen Ermessensspielraum. Wenn in einer Dissertation 80 von 300 Seiten Fließtext plagiiert sind, ist es dann wissenschaftserheblich? Womöglich ist die ganze Dissertation nicht wissenschaftserheblich, da Plagiat oder Geschwurbel.
Ad 2: Der Strafrechtler versucht, eine Grenze zu ziehen zwischen leichter Fahrlässigkeit, grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.
Ich denke, dass die gut gemeinte Definition Esers ein Irrweg ist, vor allem einer, der den Hochschulen beliebige Entscheidungen erlaubt. Vorsatz kann doch nur in den seltensten Fällen klar bewiesen werden.
Ich bin mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass man den Begriff „wissenschaftliches Fehlverhalten“ an zwei Kriterien neu festmachen müsste:
1) Nachweisbare methodische Nicht-Übereinstimmung mit den zum Erstellungszeitpunkt und im jeweiligen Fach gültigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (Zitierregeln, empirische Gütekriterien…)
2) Methodische Täuschung des Rezipienten/Lesers
Der Begriff der „Täuschung“ muss weg vom Autor und hin zum Leser.
Die Verwaltungsverfahren sind davon losgelöst zu sehen (Rücknahme eines Verwaltungsakts auch für die Vergangenheit etwa wegen „arglistiger Täuschung“).
LG
Die Aufgabe von Robert Habeck wäre gewesen, allen voran der von Stefan Weber geübten Kritik einen rationalen Kern abzugewinnen. Stattdessen setzt der deutsche Vizekanzler auf der Plattform X am Montag, den 10. Februar 2025 noch vor deren Veröffentlichung die Einlassung gesellschaftlich einfach ins Verhältnis. Mit dem dadurch vor aller Augen praktizierten Relativismus „(ent-)schwindet auch die Vernunft als Organ des Einzelnen“ (Horkheimer, GS Bd. 14: 55). Eine soziale Auseinandersetzung mit der in Rede stehenden Doktorarbeit ist dann nicht mehr möglich und jedwede Diskussion von Beginn an unterbunden. Spätestens damit liegt ein Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis vor. In ihren dazu noch am selben Tag bereits erweitert angekündigten Erörterungen ist die Universität Hamburg schon deshalb nicht mehr darin frei, davon abzusehen, dass auf diese äußerst eigenmächtige Weise ein ehemaliger Promovend sogar seiner einstigen Alma Mater gebietet, in der Sache letztlich stumm zu bleiben.
Nach meiner Kenntnis wurde Herr Doz. Dr. Stefan Weber bisher nur ein einziges Mal rechtskräftig in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit verurteilt. Insofern dürften Sie hier eine unwahre Tatsachenbehauptung („ihre anderen Verurteilungen“) über Herrn Doz. Dr. Weber aufgestellt haben:
„Ich könnte jetzt auch alle Fälle auflisten in denen ihre Vorwürfe entkräftet wurden bzw. grob falsch waren oder auf ihre anderen Verurteilungen eingehen, aber belassen wir es mal dabei.“
Die Schlussfolgerung, dass der noch amtierende deutsche Bundeswirtschaftsminister ein Pseudo-Intellektueller und Märchenerzähler ist, bedurfte übrigens nicht erst der umfassenden und gründlichen Plagiatsprüfung seiner Dissertation durch Herrn Doz. Dr. Weber, der sich seinen Lebensunterhalt halt durch Bezahlung seiner Arbeit verdient. Nicht jedem Wissenschaftler, der sich mit Wissenschaftsbetrug befasst, ist es vergönnt, von den Zinsen eines Lottogewinns leben zu können.
Warum verteidigen Sie Herrn Dr. Robert Habeck? Der inkompetente Bundeswirtschaftsminister ist ein Poet schöner wolkiger Wörter, der seine Unkenntnis wie eine Monstranz vor sich her trägt: „Probleme bei Northvolt waren uns nicht bekannt“.
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Habeck-Probleme-bei-Northvolt-waren-uns-nicht-bekannt,northvolt532.html
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/northvolt-insolvenz-gelder-kfw-100.html
Stimmt auch nicht ganz. Es war ein medienrechtlicher Antrag, verbunden mit einem Unterlassungsbegehren. Zweimal das Gericht mit derselben Causa beschäftigt.
Der Kinderbuchautor ist ganz eindeutig pedantischer darin, sich heute Verweise auf Tatsachen zu verbitten, als darin damals sowohl Quellen- als auch Textplagiate unterbunden zu haben. Das steht ganz im Stil des großen Eifers über 805 Strafanzeigen zu stellen im Vergleich zum geringen Eifer bürgernahe Wirtschaftspolitik zu betreiben: Hätte er das eine nicht zuerst gemacht, wäre das andere später nicht passiert! So etwas Grundlegendes nicht zu befolgen, kann er anderen nicht vorwerfen.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1493232/umfrage/strafanzeigen-durch-bundesminister-in-deutschland/
„[…] von der FAZ bestreitet mittlerweile, es Habeck weitergeleitet zu haben.“
Erinnert mich an den Klassiker: „I shot the sheriff | But I didn’t shoot no deputy, oh no, oh“
Könnte man auch so verstehen: Es wurde nicht an Habeck weitergeleitet, aber an … Reine Spekulation!
Anyway, Herr Weber, Ihre Dokumentationsarbeit war sicherlich sehr zeitaufwändig, Ihr „Zeitplan“ überaus unglücklich. Schade.
Ich freue mich.
Ist es sehr schwer für Sie, dass Habeck Ihr durchsichtiges Manöver so klug zerstörte? Ich feiere ihn dafür.
„… klug …“ Ernsthaft? Also, im Ernst?
Haben Sie das Dokument gelesen?
Dass Sie „rechtsradikal“ sind, war mir bislang nicht bewusst ;-). Wobei ich den „Volksverpetzer“ ebensowenig schätze wie Nius …
Was mich allerdings sehr beunruhigt ist, dass es offenbar Methode wurde, Kritik an wissenschaftlichen Arbeiten herunterzuspielen, von vornherein in eine politische Ecke zu drängen und damit zu desavouieren. Mir scheint, dass sich die unzähligen Kommentator:innen auf Zeitungsportalen und in sozialen Netzwerken gar nicht mit Ihren Prüfberichten auseinandersetzen, sondern einfach Meinungen aus dem Bauch herausposaunen und vorverurteilen. Und bei vielen Medienleuten und möglicherweise sogar „Ombudsstellen“ fürchte ich Ähnliches.
Damit wird wissenschaftliche Unredlichkeit zum Kavaliersdelikt beschönigt – eine schlimme Entwicklung: denn wie soll man junge Menschen davon überzeugen, tadellos zu arbeiten, wenn ihnen das Gegenteil als gesellschaftlich akzeptiertes Erfolgsmodell präsentiert wird?
Genau so ist es und Ihre Befürchtungen sind längst eingetroffen – ohne den kleinsten Abstrich.
Denn jeder einzelne Ihrer Sätze läßt sich zweifelsfrei belegen.
Jede (!) wissenschaftliche Unredlichkeit dieser Art kommt dem Erschleichen von Leistungen, § 265a StGB, nicht nur gleich;
die gesamte Öffentlichkeit wird getäuscht und betrogen.
Derartiges Verhalten ist z.Zt. kaum anders als durch lebenslange Ächtung zu sanktionieren.
Ich halte es daher für dringend geboten, solche Vergehen mit Strafe zu bewehren. Strafandrohung muß endlich dieses betrügerische Verhalten abwehren.
*** Schwerer, folgenreicher Betrug ist sicher kein Kavaliersdelikt. ***
Bei den Textplagiaten würde ich zwischen Paluch und anderen Autoren als Quelle einen Unterschied machen. Dass Habeck und Paluch die gleiche Formulierung nutzen, ist nicht fein, aber dass Habeck mit seiner Frau viel über beide Dissertationen diskutiert hat und von ihr beeinflusst wurde, ist erwartbar. Das dann als Plagiat zu sehen, finde ich etwas hart.
Die anderen Stellen, die ich mir angeguckt habe (Wohlfarth), sehen tatsächlich nach Textplagiaten aus, sind aber recht kurz. Habeck hat sie offenbar auch leicht (und ungenügend) umformuliert. Da würde mich interessieren, ob Habeck vielleicht zwei oder drei Sätze später die entsprechende Quelle angegeben hat (was man bei den kleinen Abschnitten, die im Gutachten sind, nicht mehr sieht). Wenn er das getan haben sollte, wäre das irgendwo in der Grauzone zwischen Textplagiat und schlechter Umformulierung.