Das ist nicht nur ein Fall, der journalistische Redlichkeit, mögliche (gewerbsmäßige) Urheberrechtsverletzungen und möglichen (gewerbsmäßigen) Betrug betrifft. Noch niemand hat sich bisher die Content-Qualität dieses Flaggschiff-Produkts aus dem Hause der Mediengruppe des Medienministers der Bundesrepublik, also abgesehen von Fragen des geistigen Eigentums, näher angesehen. – Hier meine wichtigsten Erträge:
- Der Name: Das Projekt ist schon beim Markenkern schlechthin, beim Namen, kläglich gescheitert. Heißt das Medienprojekt „TheEuropean“, „The European“, „der European“ oder „European“? Sie werden auf der Website alle Schreibweisen finden [exemplarisch Screenshots 1 und 2 unten]. Ich habe das schon im ersten Semester an der Universität gelernt, Vorlesung „Einführung ins Marketing“: Die Wortmarke muss stets eindeutig und distinkt sein, sonst funktioniert das ganze Produkt nicht. – Legen wir uns im Folgenden also der Einfachheit halber auf „The European“ fest, damit zumindest hier klar kommuniziert wird.
- Und nochmals der Name: Warum heißt dieses Web-Projekt „The European“? Warum ein englischer Name? Ich finde auf der Website ausnahmslos Artikel auf Deutsch (ich habe natürlich nicht alles abgegrast). Ich finde aber definitiv auch keine englischsprachige Ausgabe. Warum also ein englischer Name für ein offenbar rein deutschsprachiges Projekt?
- Der Untertitel: Dieser heißt „Das Debatten-Magazin“ [Screenshot 3 unten]. Auch das ist hochgradig kontrafaktisch, denn selten in meinem Leben habe ich eine so konsequent debattenfreie Website gesehen: Im Gegensatz zu echten Medienprojekten wie etwa NIUS oder Apollo News gibt es hier nirgendwo, unter schlichtweg keinem Artikel eine Kommentierungsmöglichkeit. Es gibt kein moderiertes Forum, keinen Diskursraum, nichts. Auch unter den Menüpunkten „Debattenkultur“ und „Debatten“, unter denen man endlich mal Interaktion erwarten würde, finden sich wieder nur zahllose einseitig zum Leser kommunizierende Artikel. Nicht einmal einen Leserbrief oder Korrekturen kann ich wohin mailen. Das Debatten-Magazin ist total debattenfrei.
- Die Zitate: Neben der zweifelhaften Wortbildmarke auf der Startseite stehen offenbar randomisiert generierte Zitate, nicht immer mit korrekt sitzenden Anführungszeichen versehen. Das Zitat „Wir verlieren unsere Arbeit an Maschinen.“ (war das nicht kürzlich die Angst des Herrn Weimer?) wird Jeremy Rifkin zugeschrieben, das Zitat „Es gibt kein Recht auf Wirtschaftswachstum.“ Kieron O’Hara [Screenshots 4 und 5 unten]. Ich bin zwar kein Kuckuckszitatsexperte wie der leider kürzlich verstorbene geniale Gerald Krieghofer, aber ich konnte mit meinen bescheidenen Tools beide Zitate nicht verifizieren.
- Die derben Fehler: Auf der gesamten Webseite finden sich zahlreiche Typos. Fast schon obszön ist etwa die Anrede „erfahren Sie mir“ statt „Erfahren Sie mehr!“. [Screenshot 6 unten]
- Der YouTube-Kanal: Sehr sonderbar ist auch der YouTube-Kanal des The European. Dieser heißt „The Europeande“ (?). Nicht einmal das Logo sitzt. [Screenshot 7 unten]
Ich resümiere: Das Vorzeige-Webprojekt des amtierenden Kultur- und Medienministers der Bundesrepublik Deutschland, Wolfram Weimer (parteilos, aber CDU-nahe), hat den grottigen Nicht-Charme eines Schülerprojekts. Als ich im Jahr 2006 meine Aufdeckungen erstmals veröffentlichte, sagte einer der wenigen schlauen Rektoren zu mir: „Herr Weber, wir haben nicht nur ein Plagiatsproblem, wir haben auch ein Qualitätsproblem.“ Wenn Herr Weimer von Medien im Allgemeinen so viel Ahnung hat wie er es im Besonderen hier anhand seines Projekts demonstriert, dann hat er von seinem Ressort wie viel Ahnung? Genau gar keine.






