Diplomarbeitsplagiator Andreas Matthä, Chef von mehr als 40.000 Menschen in Österreich, hat sein Studium an der FH Wien im Jahr 2002 „mit ausgezeichnetem Erfolg“ abgeschlossen. Zumindest behauptet er das selbst auf einer alten Unternehmenswebsite der ÖBB:
Quelle: https://web.archive.org/web/20101012143051/http://www.oebb.at/infrastruktur/de/2_0_Das_Unternehmen/2_2_Management/Matthae.jsp
(Mein Dank für den Fund an Martin Jaksch.)
Es ist ja durchaus bemerkenswert: Jemand kommt aus der Technik, aus dem Brückenbau. Dann studiert er „Unternehmensführung“ [sic!] an der Fachhochschule. Drei Jahre nach Abschluss des Studiums, 2005, erfolgt der große Karriereschub beim Arbeitgeber ÖBB, tatsächlich in Richtung Unternehmensführung: Vom Abteilungs- zum Geschäftsbereichsleiter mit Prokura.
Als dann 18 Jahre später die Diplomarbeit als monströses Plagiat enttarnt wird, behauptet der Betreffende aber kleinlaut: Das Studium habe doch nichts mit seinem Beruf zu tun gehabt, es sei rein aus Interesse am Thema und aus Liebe zur Weiterbildung absolviert worden.
Es ist das „Muster Merkel“ wie im Fall Guttenberg: Merkel habe doch keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter angestellt, sagte sie 2011. Wenn eine wissenschaftliche Arbeit als Fake enttarnt wird, wird sofort eine rigide Trennung zwischen Studium und Beruf bzw. Karriere herbeigeredet.
Ich bin zu meiner Methode befragt worden: Selbstverständlich habe ich die gesamte Literatur jener Auflagen, die Matthä zitiert hat, mit Matthäs Diplomarbeit abgeglichen. Es gibt keine Entsprechung zwischen der von Matthä auf dem Foto unten zitierten Literatur und seinem Text. Hingegen liegt die Entsprechung bei den in meinem Gutachten dokumentierten, von Matthä durchwegs nie zitierten Internet-Quellen bei 100 Prozent. Auch die unzitierten Internet-Quellen stammen allesamt aus der Zeit vor 2002, meist kurz zuvor.
Mit diesem „quellenforensischen“ Vorgehen kann man ein Plagiat eindeutig beweisen.
Auch eine Bestätigung jener Person, von der am meisten kopiert wurde, liegt mittlerweile vor.
Die Frage ist nur noch: Will die Fachhochschule Wien der Wahrheit ins Auge schauen oder nicht?
Bezüglich einer ausgiebigen Beschäftigung der FH mit der Thematik wird sicher etwas ins Rollen kommen und sie werden es tun. Das ist keine Annahme (denn wie Annahmen sind, ist dem geneigten Leser ja bekannt), sondern das zeigt die Erfahrung ja aus der Vergangenheit.
Offenbar ist für Andreas Matthä das Schreiben einer Diplomarbeit bloß eine Spielerei. Um ernstlich solch eine Auffassung vertreten zu können, müsste von ihm aber wenigstens der Nachweis geführt werden, dass vor allem das Wirkungsquantum als eine gesellschaftliche Konstante bloß eine fiktive Größe ist. Ohne dafür den Beleg erbracht zu haben, fehlt es seiner an der Fachhochschule Wien eingereichten Qualifikationsschrift von vornherein an einem Gegenstand. Es würde dann keinen Unterschied machen, wenn dort von ihm ein Stapel unbeschriebenes Papier eingereicht worden wäre. Angesichts dessen ist in der Tat fraglich, weshalb die FHW für die gleichsame Abgabe leerer Seiten einen akademischen Grad verleiht mit dem Prädikat „ausgezeichneter Erfolg“.
Herrlich!
Weitaus schlimmer als in Österreich sind die Verhältnisse gegenwärtig in Deutschland. Erst vergangenen Freitag verabschiedete das Parlament in Berlin ein Gesetz mit Mehrheit, das laut eigenem Bekunden eines Regierungsmitglieds nicht mit der physikalischen Realität übereinstimmt. Zwar entschied das höchste Gericht, das daraufhin schon vor Wochen angerufen wurde, in der Hauptsache noch nicht darüber. Aber schon heute lässt sich sagen, dass die sich bietende Chance eines spätestens seit den frühen 1990er Jahren in globalem Maßstab neu aufgeschlagenen Kapitels der Rationalisierungsgeschichte menschlicher Arbeit bereits jetzt vertan worden ist. Ob der Ausruf „Herrlich!“ angesichts dessen geboten ist, bleibt insofern eine offene Frage.