Plagiatsnachweise bei bereits sieben bundesdeutschen Politiker(umfeld)-Dissertationen


Quelle: VroniPlag

„‚Mit GuttenPlag haben wir gezeigt, dass Guttenberg ein Betrüger ist‘, sagt er. ‚Mit VroniPlag haben wir gezeigt, dass er nicht der einzige ist. Was soll da noch kommen?‘ Das Ausmaß des Betrugs, die Zahl, das soll, wenn es nach ihm ginge, noch kommen. Er hat einen Namen, den er nicht öffentlich machen will, im Internet heißt er KayH.“
Quelle: Der Tagesspiegel

VroniPlag und die bundesdeutsche akademische Kultur anno 2011 – das erinnert mich ein bisschen an mich, auf Erbloggtes leider sehr treffend als „One-Man-Show“ in Sachen Austroplagiarismus bezeichnet, und die Universitäten in der Alpenrepublik ca. anno 2007: Je mehr ich entdeckte, desto schweigsamer wurden die etablierten Institutionen. Das ist ein durchaus bedenklicher, wenn nicht wirklich gefährlicher Zusammenhang: Immer mehr Akteure erkennen, dass ihre eigenen Kollegen und Freunde, wenn nicht gar sie selbst aufgedeckt werden könnten, und das führt schließlich zur großen ‚Schweigespirale‘. Für die Aufdecker gibt es irgendwann nur zwei Optionen: Handtuch hinwerfen oder weitermachen. Ich wünsche den VroniPlaggern, dass sie noch viel Energie und Akribie aufbringen werden.

Die Institutionen wissen freilich, auch wenn sie öfter noch so tollpatschig, behäbig und verlogen erscheinen, um die massenmediale Logik ganz gut Bescheid. Und deshalb setzen sie jetzt auf das große Aussitzen statt auf das große Aufklären. Ich erinnere mich noch gut: Als ich irgendwann mal in Österreich die x-te Medieninformation zum x-ten Plagiatsfall machte, schrieb mir ein Wissenschaftsjournalist zurück: „Alles sehr interessant, aber wir bringen ja auch nicht jeden Verkehrsunfall.“ Plagiate sind damit alltäglich geworden, und man berichtet nur noch über Fälle mit deutlichem journalistischen Mehrwert.

Nun gibt es aber in Deutschland viel mehr Qualitätsmedien, eine ganz andere Tradition des Feuilletons und wesentlich mehr Ressourcen und Kapazitäten für investigativen Journalismus als in Österreich. Das wären eigentlich die Kontexte, die sich dem Systemischen an dem Problem widmen könnten. Selbst das derzeitige große Schweigen wäre eine große Story wert. Ab welchem Schwellenwert wird es zu den neuen Fällen (erstmals!) öffentliche Reaktionen oder (wieder) eine flächendeckende Berichterstattung geben? Muss erst die hundertste oder zweihundertste Dissertation enttarnt werden?

VroniPlag enthüllt eine plagiierte Dissertation, die im Jahr 2010 ohne Literaturverzeichnis eingereicht wurde, mit großteils auch noch unvollständigen Literaturangaben in den Fußnoten. VroniPlag enthüllt, dass bei einer anderen Dissertation aus 1986 entweder bewusst oder aus Unvermögen das wahre Ausmaß des Plagiatsanteils nie erhoben wurde (kommt mir auch bekannt vor, wie gut geübt man doch früher im Wegsehen war…). Die Ertappten dürfen sich über ein Schweigen der Medien und der Öffentlichkeit derzeit noch freuen. Das sollte nicht so bleiben.

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