Plagiatsverdacht in der Fischereiökologie: Was für die Universität Innsbruck alles kein Plagiat ist

Die Universität Innsbruck gibt, ähnlich wie die Universität Klagenfurt, seit langem Rätsel auf, was den Umgang mit Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens anbelangt. Man könnte einmal eine wissenschaftliche Arbeit der folgenden Hypothese widmen: Je höher die Berge, desto größer sind die Mauern des Schweigens und desto unausgeprägter ist die Fehlerkultur. Oder: Je mehr innergebirg, desto mehr wird plagiiert.

Nun sitzen an der Universität Innsbruck auch kluge Köpfe. Diese haben etwa diese Stellungnahme zum Hochschulrechtspaket 2024 verfasst. Erfreulicherweise wird hier, wie in meiner Stellungnahme, etwa der Quatsch des „nicht-vorsätzlichen Erschleichens“ im aktuellen Entwurf kritisiert, und es wird verlangt, die Definitionen von „guter wissenschaftlicher Praxis“ und vor allem von „Plagiat“ zu präzisieren. Gut so, dazu brauchen wir einen Fachdiskurs!

Aber was ist dann an der Universität Innsbruck nur in der Praxis los, immer und immer wieder? Ich beschäftigte mich in zwei Gutachten mit einem Plagiatsanfangsverdacht in der Diplomarbeit und in der Dissertation des bundesdeutschen Aalforschers Reinhold Hanel. Ich halte es für eine wahre Tatsachenaussage, dass ich in der Diplomarbeit Übersetzungsplagiate fand und in der Dissertation Literaturplagiate. Zur Frage der Täuschungsabsicht kann man wie immer würfeln, auch zur Frage der Wesentlichkeit. Aber die Textplagiate sind doch manifest. Und im Sinne einer freien Meinungsäußerung darf man sie bei öffentlich erhältlichen Werken doch darstellen. Zumindest hat noch nie ein Gericht anders entschieden. Die Universität Innsbruck hingegen befundete:

Was fällt hier auf?

  • Eingeholte Stellungnahmen: Von wem? Interne oder externe? Meeresbiologen oder Zitierexperten? Es gilt das „Amtsgeheimnis“, hoffentlich bald nicht mehr.
  • Nach „eigener Einschau in die Diplomarbeit und Dissertation“: Was soll eine „Einschau“ zur Plagiatsprüfung beitragen? Wurde mit Software getestet?
  • „[…] noch auf das [sonstige!] Vortäuschen“: Hat niemand behauptet.
  • „weder Hinweise auf Plagiate noch auf das Vortäuschen“: Das Vortäuschen ist kein Nachbarbegriff zum Plagiat, vielmehr ist das Plagiat eine Form des Vortäuschens. Dass der Gesetzgeber nicht imstande war, das richtig zu differenzieren, macht den Fehler der Universität Innsbruck nicht kleiner.
  • „noch […] auf sonstige Erschleichungshandlungen“: Das UG in der derzeitigen Fassung kennt nur Plagiate oder (sonstiges) Vortäuschen, das sogar Ghostwriting umfasst. Tertium non datur und wurde auch nie dem Verfasser vorgeworfen. Eine „sonstige Erschleichungshandlung“ könnte fast nur ein gefälschtes Zeugnis sein.

Wer macht sich warum keine Gedanken beim Schreiben solcher Briefe?

Hier meine Dokumentation. Die Funde sind in Relation zum Umfang der Arbeiten zu sehen, der Umfang der Diplomarbeit beträgt 67 Seiten, der der Dissertation 98 Seiten kumulativ.

Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 1
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 2
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 3
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 4
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 5
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 6
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 7
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 8
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 9
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 10
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 11
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 12
Kursorisches Plagiatsgutachten Diplomarbeit Hanel Seite 13


 

Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 1
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 2
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 3
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 4
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 5
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 6
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 7
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 8
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 9
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 10
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 11
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 12
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 13
Detailplagiatsgutachten Dissertation Hanel Seite 14

Ein Kommentar zu “Plagiatsverdacht in der Fischereiökologie: Was für die Universität Innsbruck alles kein Plagiat ist

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  1. Vermutlich...

    …ist das Plagiat bei der DA nicht so massiv, oder.? Sie orten ein größeres schwerwiegendes Fragment, oder nicht? Bei einem Ihrer älteren Fälle – Herr Geyer – waren es doch 36 Fragmente (schwerwiegend oder eher unbedeutend?) und der Standard zitierte sie wie folgt:
    „Wenn es bei diesen Funden bleibt und weil es eine Diplomarbeit und keine Doktorarbeit ist, müsste ihm der Titel nicht aberkannt werden“
    Quelle: https://www.derstandard.at/story/1358305103389/meinl-gutachter-wird-von-plagiatsjaeger-kritisiert
    Was ist hier der Unterschied? Die Uni eröffnete – vielleicht – tatsächlich zu Unrecht – nicht einmal ein Verfahren.
    Müsste die DA den nun zwingend aberkannt werden? Vielleicht wenn noch mehr gefunden wird?
    Ist das Plagiat in der Diss schwererwiegend, da Diss und Vorsatz?

    liebe Grüsse
    VM

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