„Standard“: Postenschacher-Verdacht gegen Altrektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger

Der „Standard“ berichtet heute in einem im Volltext kostenlos zugänglichen ausführlichen Artikel über den Verdacht des Postenschachers gegen den Altrektor der Universität Salzburg, den christlichen Philosophen Heinrich Schmidinger. Es solle mit ihm eine Vereinbarung gegeben haben, den aus Salzburg stammenden derzeitigen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs (OGH), Matthias Neumayr immer wieder auf eine zeitlich auf fünf Jahre befristete und nicht verlängerbare Professur zu bestellen, eine sogenannte „§ 99/1-Professur“.

Im Universitätsgesetz ist nachzulesen (§ 99 Abs. 1 UG):

Der Vorwurf einer Umgehungspraxis des Universitätsrechts zwischen einem einflussreichen Universitätsleiter (Altrektor der Universität Salzburg, ehemals Uniko-Vorsitzender, derzeitiger Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der ÖFG und Universitätsrat der Universität Innsbruck) und einem, wie überall zu hören ist, hoch geschätzten und integren Höchstrichter ist pikant. Im „Standard“ wird die Umgehungspraxis geschildert, dass dieselbe Professur bislang zwei Mal unter anderer Widmung (also unter alternativem Wortlaut) neu ausgeschrieben wurde und 2018 wieder Neumayr den Zuschlag bekam. Das derzeitige Verfahren sei im Laufen. Wenn das stimmt, wäre das sehr unfair gegenüber anderen Bewerber*innen gewesen, die von diesem abgekarteten Spiel nichts wussten. Denn diese hätten sich die Bewerbungen dann wohl sparen können. Im Ausland wären Konkurrentenklagen möglich.

Schweigen bei den Akteuren – gab es noch einen Fall?

Der Vorwurf ist mir seit Ende März 2023 ebenfalls bekannt und wird durch Unterlagen erhärtet, die mir vorliegen. Ich habe Altrektor Schmidinger zwei Mal um eine Stellungnahme für diesen Blog gebeten, Antwort kam keine. Auch Matthias Neumayr hat auf meine Nachfrage nicht reagiert.

Ein Blick auf eine Liste der Universität Salzburg zeigt, dass es neben dem Fall Neumayr (Eintritt 2013) zwei weitere Fälle mit auffallendem Datum gibt:

In einem Fall ist bekannt, dass eine zweckentfremdete „Umdotierung“ erfolgte. Zum anderen Fall will sich die Betroffene ebenfalls nicht äußern.

Heinrich Schmidinger hat auf deutlich geäußerten politischen Wunsch Ende November 2022 eine von mir mitinitiierte Arbeitsgemeinschaft zu guter wissenschaftlicher Praxis der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG) zu Grabe getragen. Im März 2023 wurde er Unirat eines politisch eingefärbten Universitätsrats der Universität Innsbruck.

7 Kommentare zu “„Standard“: Postenschacher-Verdacht gegen Altrektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger

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  1. Jurist aus Leidenschaft

    Ich hoffe, dass Ihr Blog auch von der Standard-Redakteurin gelesen wird!

    Die ganze Angelegenheit wirft ein trauriges Licht auf Postenschacher ausgerechnet im Jus-Umfeld, und zum nachhaltigen Schaden desselben. Diese schwarzen Schafe schaden der Universität, aber noch viel mehr dem Ansehen unseres österreichischen Rechtssystems: Wem soll man es verdenken, wenn nach derartigen Vorfällen, die wohl leider nur die Spitze des Eisbergs darstellen, juristische Institutionen nicht mehr Ernst genommen werden? Eine gefährliche
    Entwicklung!

    Ein interessantes Detail aus dem Standard-Artikel: Der Herr Graf, der jahrelang seinem Freund eine gutbezahlte Professur verschafft hat (gegen welche Gegenleistungen?), versucht nun unverschämterweise, den schwarzen Peter für die Angelegenheit ausgerechnet dem aktuellen Rektor Lehnert zuzuschieben, der bekanntlich seit Amtsantritt gegen eine traditionelle Salzburger Selbstbedienungsmentalität und andere Missstände an der Uni ankämpft und die Universität Salzburg in nur wenigen Jahren grundlegend modernisiert hat.

    Es ist wohl kein Zufall, dass ausgerechnet gewisse Professoren aus gewissen (juristischen?) Fachbereichen so engagiert gegen die Reformen gekämpft haben sollen und diesen Rektor mit allen (juristischen?) Mitteln wieder loswerden möchten. In der gemütlichen Selbstgefälligkeit früherer Zeiten hat es sich eben besser auf Kosten der Steuerzahler gelebt. Und niemand hat es hinterfragt.

    Wenn Angelegenheiten wie diese auch ein Gutes haben, dann dass sie für jeden offenbar machen, wie dringend der Bedarf nach einer Systemreform und einem Kulturwechsel im österreichischen Universitätswesen ist. Aber ansonsten….man kann nur immer wieder staunen und erschaudern.

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    1. Prometheus

      Rektor Lehnert wird sich sicherlich nicht von einem Fachbereichsleiter Graf unter Druck setzen und zu unrechtmäßigem Verhalten anstacheln lassen. Er ist durch und durch korrekt. Genau deshalb wollen ihn viele in Salzburg nicht. Es ist halt nicht mehr wie unter Rektor Schmidinger!

  2. Peter Hilpold

    § 99 UG ist EU-rechtswidrig!

    Das ist das zentrale Problem. § 99 verstößt gegen Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) und das Fehlen eines wirksamen Zugangs zu einem Gericht stellt einen weiteren EU-Rechtsverstoß (Art. 47 Grundrechte-Charta) dar.
    Leider gibt es keinen direkten Zugang zum EuGH, aber der OGH müsste vorlegen. Wieso hat er das bislang nicht getan?

    Man kann dieses Problem auch nicht einfach aussitzen. Wir sehen eine Kontroverse nach der anderen. Und gleichzeitig schadet dies dem Universitätsstandort Österreich enorm.

    Es wäre jetzt hoch an der Zeit, reinen Tisch zu machen und das UG unionsrechtskonform zu gestalten.

    FS-Neisser-Hilpold-Österreich-EU-2021

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    1. Stefan Weber Beitragsautor

      Lieber Herr Hilpold!

      Danke für den Literaturhinweis.

      Lese ich da etwas zwischen den Zeilen heraus? Nämlich die Hypothese, dass der OGH in Bezug auf diesen EU-rechtswidrigen Paragrafen nur deshalb inaktiv geblieben sein könnte, weil der eigene Vizepräsident selbst ein Günstling dieser Regelung ist, im legalen wie im halblegalen Sinne?

      Das würde ja nun mein Vertrauen in die Objektivität der Justiz endgültig erschüttern, das schon bei meinem Prozess gegen die TU Wien kürzlich schwer in Frage gestellt wurde.

  3. Prometheus

    An der Spitze ist man offenbar nicht nur im luftleeren, sondern auch im rechtsfreien Raum. Unglaublich, dass sich Rektoren und Höchstrichter zu solchen Machenschaften aufschwingen. Pikant ist, dass VP Neumayr nicht einmal eine Habilitation geschrieben hat. Auf der Uniwebsite steht er trotzdem noch als Professor. Außerdem ist der 64! Wollte er seine Pension auffetten? Nicht zu fassen! Mutig bei dem Gegenwind der Seilschafter finde ich Herrn Lehnert, der offenbar die Sache durchschaut hat und da nicht mehr mitmacht. Bleibt nur zu hoffen, dass die Stelle, jene Person erhält, die was kann und nicht bloß als bestgeeignet bezeichnet wurde.

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    1. Stefan Weber Beitragsautor

      Ich maße es mir keinesfalls an, über die Lehr- und Publikationsleistung von Höchstrichter Neumayr zu urteilen, da ich diese nicht kenne. Mir geht es um Gerechtigkeit für Bewerber*innen und die Umgehungspraxis des Altrektors. Ich habe es in meinem Leben wiederholt „am eigenen Leib“ erlebt, wie Stellen an Universitäten besetzt werden und dass Leistung und Engagement oft nicht nur keine Rolle spielen, sondern in der Tat hinderlich sind. Man muss dies endlich benennen und öffentlich diskutieren dürfen. Wie gesagt, es ist meine Erfahrung. Es war auch meine Erfahrung mit Schmidinger. Er kannte meinen Willen, wissenschaftlich arbeiten zu wollen, ganz genau. Er kannte meine zum Teil bereits mit Verlagen vertraglich vereinbarten Buchprojekte. Er kannte meinen Lebensplan. Und er hat mich in der ÖFG fallen gelassen. Von heute auf morgen. Er hat mich damit mit 52 Lebensjahren und drei Kindern aus der Wissenschaft eliminiert. Das schlechte Gewissen dürfte ihn nicht drücken.

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