dott. sei Dank: Titelmissbrauch bei ORF-Führungskraft wohl kein „Missverständnis“, sondern jahrelang gelebte Praxis

Der Ötztaler Aufdecker Markus Wilhelm hat als Erster darüber berichtet: Die Landesdirektorin des ORF Tirol, Esther Mitterstieler, führe seit Jahren einen Doktortitel („Dr.“), habe aber in Südtirol nur einen Abschluss eines Magister-Äquivalents gemacht („dott.ssa“). Das Vorgehen ist unter dem Namen „Brennerdoktor“ bekannt geworden.

Ein interessanter Twist war nun vorgestern in einer entsprechenden APA-Meldung nachzulesen, siehe hier in der Version der „Salzburger Nachrichten“. Da hieß es dann, das ganze sei ein „Missverständnis“ im ORF gewesen, gegen das die fälschlich Upgegradete bereits vor längerer Zeit vorgegangen sei. Der ORF stellte also fest, …

„… dass es sich um ein ‚Missverständnis‘ gehandelt habe. Mitterstieler bedauere den Vorfall. Sie habe ihr Studium rechtmäßig abgeschlossen und intern bereits vor Monaten, als ihr die missverständliche Darstellung bekannt wurde, in ihren Zuständigkeitsbereichen eine Richtigstellung veranlasst.“

Zunächst: Niemand hat angezweifelt, dass das Studium rechtmäßig abgeschlossen wurde. Die Frage ist ja vielmehr: Auf welchem Level?

Neue Funde von Markus Wihelm belegen nun, dass es sich um kein „Missverständnis“ handeln kann, das Frau Mitterstieler „vor Monaten […] bekannt wurde“. Im Gegenteil scheinen die Archivfunde zu belegen, dass Frau Mitterstieler bereits seit mindestens 2008 ihren Titel falsch führt. Ein „honest error“ ist da wohl auszuschließen, denn als Journalistin müsste ihr die Diskussion um den „Brennerdoktor“ ja bestens bekannt gewesen sein. Hier die neuen Funde chronologisch (Dank an Markus Wilhelm):

2008:

Quelle: medienfrauen.net


2014:

Quelle: https://web.archive.org/web/20141204155007/http:/www.topspeaker.at/liste.php?r=105


2016/2018:

Quelle: Scans von Markus Wilhelm


2019:

Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190207_OTS0097/drei-neue-ressortleiterinnen-bei-oe1-und-in-der-orf-radio-information

Frau Mitterstieler wird schwerlich argumentieren können, dass sie weder diese Lebensläufe zu Teilen oder gänzlich selbst verfasst hat noch, dass ihr die missbräuchliche Praxis nie aufgefallen wäre, sollten ihr tatsächlich Dritte den falschen Doktortitel wiederholt ‚angedichtet‘ haben. Nun weiß aber jeder aus der Kommunikationspraxis, dass man sich solche Lebensläufe grundsätzlich selbst schreibt, wenn man nicht in der Liga eines Jürgen Habermas spielt. Daraus folgt: Der ORF-Tirol wird von einer jahrelangen Titelbetrügerin angeführt. Wahrheitsgemäße Berichterstattung darüber: Keine in den Mainstream-Medien mit Ausnahme des „Kurier“. Konsequenzen: Wahrscheinlich wie immer keine, wir sind in Österreich.

Ich habe heute Anzeige wegen Verdachts des Titelmissbrauchs beim Magistrat Wien (Frau Mitterstielers Hauptwohnsitz) erstattet.

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