Titelmühlen, schwindlige Promotionsberater mit Kontakten in höchste Kreise, ein zunehmend undurchschaubares Titel-Wirrwarr, geisteswissenschaftliche Plagiate en masse, naturwissenschaftliche Fälschungen, Raubverlage, Ghostwriting, fragwürdige Stellenbesetzungen, Hochschulkorruption, intransparente Willkür-Verfahren, Verstöße gegen EU-Vorgaben, parteipolitischer Einfluss durch die Uniräte, ein in der Aufsicht untätiges BMBWF, die Hochschülerschaft als Organ der Cancel Culture… Man hätte viele Probleme der heimischen Universitäten adressieren und vielleicht auch den einen oder anderen Lösungsvorschlag erfinden können.
Die Babler-SPÖ hingegen verstört mit einem völlig aus der Zeit gefallenen Parteiprogramm für die Hochschulen, Jahrzehnte weg von der aktuellen Hochschulrealität.
Zu einigen Details:
Schon alleine die Kapitel-Überschrift zeigt an, dass die SPÖ fernab der empirischen Realität ist: „So verbessern wir den Zugang zu Studium und Forschung“. Das hätte man vielleicht in der Firnberg-Ära in den 1970er Jahren schreiben können, als die Weichen für die (heute zunehmend fragwürdige!) Massenuniversität gestellt wurden. Längst geht es um das Problem der mangelnden Studierfähigkeit und nicht um die Frage, wie man noch mehr Leute mit noch weniger Hürden ins akademische System reinpushen kann. Und was wäre bitte ein verbesserter Zugang zur Forschung? Sind damit Forschungsergebnisse gemeint oder ist gemeint, dass jeder forschen kann, was er will (ich etwa darf das nicht)?
Dann lesen wir: „Stärkung der Diversität des Universitätspersonals und aktive Förderung von Frauen und marginalisierten Gruppen“. Frauen in einem Atemzug mit „marginalisierten Gruppen“ zu nennen, ist ein Witz und Hohn zugleich. Längst gibt es in sehr vielen sozialwissenschaftlichen Studiengängen mehr weibliche als männliche Studierende, und die Frage ist eher, wie wir diesen Trend bewerten wollen. Die Forderung nach Frauenförderung ist eine aus den beginnenden 1990er Jahren. – Und was sind eigentlich „marginalisierte Gruppen“, und wie will man die aktiv fördern (gibt es auch eine „passive“ Förderung)? „Stärkung der Diversität des Universitätspersonals“: Nun, nachdem eine Zeitlang aufgrund der herrschenden Ideologie vorzugsweise Frauen berufen wurden, sind nun internationale Forschende, auch etwa aus arabischen Herkunftsländern, der letzte Schrei. Und jetzt will die SPÖ noch mehr Diversität? Schon jetzt gehen ganze Generationen von intelligenten und forschungswilligen österreichischen Jungwissenschaftlern verloren, weil an zahlreichen Lehrstühlen etwa die Bundesdeutschen die Macht übernommen haben und Wissenschaft zunehmend zur Ideologie verkommt (Gender-Dogma, Wokeness).
Und zum krönenden Abschluss: „Wir richten in jedem Bundesland Kompetenzzentren für First-generation- und Working-class-Studierende sowie für Studierende mit Migrationsgeschichte ein.“ Na, da werden sich die Länder aber freuen, dass der Bund neun Kompetenzzentren u.a. für Studierende mit Migrationsgeschichte einrichten wird.
Das ganze hochschulpolitische Wahlprogramm der SPÖ hat nur einen Tenor: Noch mehr Studierende mit noch weniger Hürden (damit auch noch mehr studierunfähige Studierende) und noch mehr Multikulti. Die Bewältigung dieser Tendenzen und die damit verbundenen Nachteile sind nicht im Fokus der Babler-Partei.
Statt eines Kompetenzzentrums für Hochschul-Qualitätssicherung soll es ein Kompetenzzentrum für Studenten mit Migrationshintergrund geben.
Wir stehen am 29.09. wirklich am Scheideweg.
Der Rest des Programms sind Platitüden, wie etwa die „Ausfinanzierung des öffentlich finanzierten Hochschulwesens“ (wow!) oder die „echte Autonomie für die Pädagogischen Hochschulen“ (sensationell!).
Wer will, dass das österreichische Hochschulsystem endgültig den Bach runtergeht, der muss am 29.09. die Babler-SPÖ wählen!
Er penzt auch wieder:
https://kaernten.orf.at/stories/3273856/
Ja, kennen Sie denn nicht „Vitouchs Gesetz“? Hat das noch keinen Wikipedia-Eintrag, vielleicht von Cambridge51 angelegt?
Vitouchs Gesetz lautet: „Wann immer Oliver Vitouch spricht, ist seine Auffassung parteipolitisch unmotiviert, ideologiefrei und somit unbiased.“
Sind Sie noch in irgendeiner Form an der Causa Collegium Humanum (Warschau/Wien) dran? M.E. müsste man den Vorgänger Human Institute unter die Lupe nehmen, Stichwort Fake Verlage.
Ach Herr Weber, Sie überbewerten Wissenschaft ;-). Angenommen, wir würden die wirklich stärken, vor allem die Grundlagenforschung weit abseits des Mainstreams. Dann würden immer mehr Elfenbeintürme enstehen, denn wie könnte man das entstandene Wissen „abtransportieren“ (zu den Entscheidungsträgern, den Firmen, etc.), wo’s doch bei uns weder relevanten Wissenschafts- noch Qualitätsjournalismus gibt? (Oder haben Sie das „Gutachten“ der SZ und den Umgang unserer „Qualitäts“-Medien damit schon vergessen?)
Vielleicht tröstet Sie das ja, zu letzterem findet man in den Wahlprogrammen (falls etwas so kleingedruckt war, dass ich es überlesen habe, bitte um Rückmeldung) ja auch nicht viel. Womit sich der Kreis schließt. Abgesehen davon müsste man sich aber auch fragen, ob –aus Sicht einer Nationalratswahl– eine ausufernde Wissenschaftsbekenntnis mit dutzenden Seiten an Details, die in Bezug auf eine Relevanz für das Wahlergebnis kaum jemanden interessieren wird, nicht eine Themenverfehlung wäre. Darüber hinaus muss man ja auch bedenken, dass sicher viele der Wahlprogramme (noch immer) in großen Mengen auf Papier gedruckt werden. Und da könnte man –freilich mit etwas Augenzwinkern– ja froh sein, dass kaum extra Bäume „für die Wissenschaft“ gefällt werden mussten ;-).
Ok, die Wissenschaftsinteressierten mögen eine kleine Wählerklientel sein (zumindest wird das häufig so dargestellt), aber vielleicht macht man sie auch kleiner als sie ist. Niemand verlangt eine 30-Seiten-Beilage zum Wahlprogramm betreffend die Universitäten, aber ein paar konkrete Grundaussagen, insbesondere zum dringendsten Reformbedarf, wären schon angezeigt gewesen.
Man will ja, angeblich, das Land voranbringen. Da könnten funktionierende Universitäten, losgelöst von Partei- und Landesabhängigkeiten, eine nicht unwichtige Rolle spielen. Wenn von den Unis nur Gefälligkeitsgutachten kommen, dass eh alles passt, und zwar der größte Blödsinn, oder – noch häufiger – es kommt einfach gar nichts, wird sich auch nichts ändern.
Nein, kein „ausuferndes Wissenschaftsbekenntnis“, sondern Ankündigung konkreter Taten, bspw. eine grundlegende Reform des völlig misslungenen UG.
Ach, wie hat er doch recht, der Stefan Weber! Und wie immer, sehr unterhaltsam geschrieben.
Ich lese diesen Blogbeitrag aber auch mit einem weinenden Auge: Wie schafft es die Babler-SPÖ nur, jede, aber wirklich jede Chance zu vertun? Dieser populistische Ton, abseits jeder Kenntnis der wirklichen Probleme der Universitäten, ja der Universitäten überhaupt.
Fügt sich aber gut in das sonstige Wahlprogramm: Weniger Arbeit, massive Umverteilung – und schon geht es uns allen gut. Ja, wenn das alles so einfach wäre…
Und liest man bei der SPÖ nicht die Wahlprognosen? Ist diesen zu glauben, dann schaut es für diese Partei katastrophal aus.
Kein Wunder, bei dieser „Expertise“… Und das war einmal die Firnberg-Partei…