Anfragebeantwortung des BfR ist eingetroffen: Sind Behördenberichte „plagiatsfähig“?

Die Beantwortung meiner vier Fragen an das BfR ist eingetroffen und wurde vom BfR selbst auch online unter der etwas versteckten Rubrik „AKTUELLE MITTEILUNGEN“ veröffentlicht. Ich begrüße nachdrücklich einen konstruktiven Dialog in der Causa. Dass das BfR mir mangelnde Recherche und ähnliche Verfehlungen vorwirft, ist in Anbetracht meiner diesen Vorwürfen vorausgehenden Anschuldigungen geschenkt.

Die juristisch spannende Frage ist aber nun: Ist ein Behördenbericht „plagiatsfähig“, will heißen: Kann dieser Plagiate enthalten, ist der Plagiatsbegriff auf Sprachwerke dieser Art anwendbar? Es wird zunächst zu fragen sein: Ist ein im Internet publizierter, also der Öffentlichkeit mittels Gratis-Download zugänglicher Behördenbericht, der u.a. wissenschaftliche Studien evaluiert und zitiert, d.h. eine umfangreiche Literaturliste enthält, ein wissenschaftliches Werk?

Das BfR bekennt sich online zu den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis und damit zum Plagiatsverbot. Gewisse Textsorten wie etwa Prüfberichte des BfR werden davon nicht ausgenommen. Im Gegenteil, das BfR bemerkt explizit, dass die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis „zur Wahrnehmung seiner Verantwortung in der Forschung und der damit unmittelbar verknüpften Aufgaben“ gelten (Hervorhebung S.W.).

Ich habe natürlich den juristischen Kommentar zum österreichischen Urheberrechtsgesetz, darin zu § 1 den Abschnitt „Plagiat“, sehr genau studiert: Einen Plagiatsvorwurf gegenüber einem Behördenbericht hat es bislang in Österreich noch nicht gegeben. Es gibt also, so mein Wissensstand, zumindest in Österreich keinen Präzedenzfall. Daraus folgt, dass es an uns liegt, sich über die Anwendung des Plagiatsbegriffs auf Textsorten wie einen Behördenbericht zu einigen.

Verfehlt wäre es sicher, zu behaupten, dass es Plagiate nur bei Dissertationen und mit diesen eng verwandten Textsorten geben kann. Es gibt ja unzweifelhaft auch Plagiate in der Literatur, in der Architektur und bei der Produktion von Gütern (dazu einschlägige Urteile des OGH in Österreich). Auch dass Plagiate etwa bei eingereichten Patentschriften vorkommen, kann kaum bestritten werden.

Die Studie von Helmut Burtscher-Schaden und mir wurde zweifach peer-reviewed. Einer der renommiertesten Plagiatsexperten Deutschlands, Gerhard Dannemann, hat den Vorwurf des Plagiats bestätigt – und damit auch, dass der Plagiatsbegriff auf den Glyphosat-Behördenbericht angewandt werden kann.

Ich habe auch die Diskussion initiiert, ob der Plagiatsbegriff auf Gutachten von Gerichtssachverständigen anwendbar ist. Ein von mir eingeholtes juristisches Gutachten eines versierten Urheberrechtsanwalts hat dies unter der Voraussetzung bejaht, dass der Gutachter auf die Regeln der Wissenschaft vereidigt wurde.

Zur Anwendung des Plagiatsbegriffs auf eine Textsorte gehören ein Autor der inkriminierten Textsorte und ein Autor des Originals. Beides ist im vorliegenden Fall gegeben.

Ich denke, das sind gewichtige Argumente.

Aber welche Argumente hat die „gegnerische Seite“? Nun, sie behauptet einfach, dass Behördenberichte nicht plagiatsfähig seien (S. 1), ohne dies detailliert zu begründen.

Gerne werde ich nun womöglich juristisches Neuland betreten (müssen).

2 Kommentare zu “Anfragebeantwortung des BfR ist eingetroffen: Sind Behördenberichte „plagiatsfähig“?

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  1. Konstantin Karan

    Guten Tag Herr Dr. Weber,
    wie hätte das BfR den Vorwurf des Plagiats verhindern können?
    Durch konsequente Kenntlichmachung der Textquellen, bspw. in Fußnoten?
    MfG

    Antworten
    1. Stefan Weber Beitragsautor

      Der Ratschlag steht in unserem Bericht, S. 55 links: https://www.greens-efa.eu/files/doc/docs/298ff6ed5d6a686ec799e641082cdb63.pdf

      „Therefore, text segments and data directly appropriated (copy pasted) by the RMS from the text of the applicant should be clearly indicated, for example, in the same way as text paragraphs which are added in later revisions of the RAR are clearly indicated by highlighter colour markings.“

      Was würde da dagegen sprechen? Wohl nur das wenig überzeugende Argument: Wir machen es weiter so wie bisher.

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