Schwerwiegende Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis in Diplomarbeiten an der TU Wien

Die schlimmsten Befürchtungen werden nun wahr: An jener Fakultät, an der „mein“ Forschungsprojekt zu guter wissenschaftlicher Praxis ursprünglich hätte angesiedelt werden sollen, nämlich an der Fakultät für Architektur und Raumplanung an der TU Wien, werden reihenweise Plagiate produziert. Arbeiten strotzen zudem vor systematischen Fehlzitaten, Deutschmängeln und falschen Begriffen (mein Dank geht an einen bundesdeutschen Kollegen für die ersten Aufdeckungen). Beginnen wir mit den Plagiaten in dieser erst am 01.03.2023 approbierten Diplomarbeit:

Diplomarbeit, S. 11:

Das stammt – ein bisschen umgeschrieben und gekürzt – von dieser Website:


Diplomarbeit, S. 30:

Das stammt von dieser Website:


Diplomarbeit, S. 31:

Nun wurde ein Zeitschriftenartikel von Jana Kühl aus dem Jahr 2016 geplündert:


Keine der drei Plagiatsquellen ist im Literaturverzeichnis der Diplomarbeit genannt. Dagegen sind dort die mitplagiierten Literaturquellen angeführt.

Ich zeige dieses Problem mit unterschiedlichen Methoden (Presseaussendungen, Blogs, Bücher, Medieninterviews, Forschungsansuchen) seit 2006 auf. Forschung zu dem Thema wird seit 17 Jahren von der öffentlichen Hand in Österreich verweigert. Es änderte sich an den österreichischen staatlichen Universitäten seit 2006 absolut nichts. Die TU Wien hat noch nicht einmal die Schnittstelle zu einer Plagiatssoftware etabliert. Nun zeigen sich die „Früchte“. Ist das eine Verschwörung gegen die Wissenschaft? Was geschieht hier?

Die Diplomarbeit enthält auch Stilblüten, bei denen man selbst in einer Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) den Kopf schütteln würde.

S. 45:

„Das ‚zeig mal‘ vor der Kamera lädt ein Teil zunehmen […].“

„Es wurden Stichwortartig aufgeschrieben was gesagt wurde […]“.

Die Diplomarbeit beschäftigt sich übrigens mit einem empirischen Objekt, das es nicht gibt, nämlich mit der „Ernst Thälmann Siedlung Berlin“, so ist es am Deckblatt zu lesen.

Der Verfasser arbeitet indes im öffentlichen Dienst in Berlin.

Na immerhin wissen wir jetzt, warum Frau Rektorin und uniko-Präsidentin Sabine Seidler kein Projekt zu guter wissenschaftlicher Praxis in ihrem Haus wollte. (Wird fortgesetzt mit der Analyse einer weiteren Diplomarbeit)


Update: Bericht „Wissenschaftliche Plagiate an der TU Wien – Gespräch mit Stefan Weber“ auf Deutschlandfunk, 21.04.23, Gestaltung: Armin Himmelrath

3 Kommentare zu “Schwerwiegende Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis in Diplomarbeiten an der TU Wien

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  1. Josef Weißbacher

    … wenn man den Kontext (zuerst vernünftige Projektanbahnung zur Plagiatsbekämpfung; dann bei leichtem, politischen Gegenwind, sofortiges Einknicken und Projektabsage; gleichzeitige mediale Meuchelkampagne gegen Projektinitiatoren; bewusste Ignoranz gerade in Vorfeld öffentlicher Bestellungen mit deutscher Heimatfreundlichkeit) bedenkt, eigentlich ein klarer Fall von Rücktritt für eine sich gerne in die Öffentlichkeit stellende Rektorin: jedenfalls eine grobe institutionelle Missachtung der Unabhängigkeit universitärer Forschung und der GWP!
    … auch wenn man derzeit offenbar aus politischem Opportunismus (und Angst vor judizieller Verfolgung?) das Thema runterspielt: Wann, wenn nicht jetzt, wo man offenbar derart gehäuft „versehentliche“ Plagiate (bei Personen, die keinen Genierer haben, ins politische Rampenlicht oder in öffentliche Institutionen zu drängen) feststellt, sollte das Thema erforscht werden. Eigentlich unverständlich, dass da nicht mehr Professoren aus eigenem Schutzinteresse sich da um eine bessere wissenschaftliche Unterstützung kümmern. Das macht ratlos – und lässt Schlimmeres befürchten!

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  2. Lutz

    „Österreich ist einfach lustiger“. Soeben auf ZIB2 gehört, Interview mit Benjan von Stuckard-Barr, Buchvorstellung von „Noch wach?“
    Und was er mit lustig meint, bringt er klar zum Ausdruck.
    Auch diese Geschichte von der TU Wien ist nur mehr lustig. Das sind ADAMISCHE ABSCHLUSSARBEITEN, bitte sehr! Diese „Akademiker“ können ja nicht Deutsch! Und Grundprinzipien der GWP braucht man in Österreich nicht zu beachten?
    Ja, lustig, im Sinne von S.-B.

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    1. Ralf Rath

      Laut den Schätzungen des Arztes und Philosophen Manfred Spitzer kamen erst jüngst im Jahr 2020 allein in Deutschland rund 40.000 Menschen zusätzlich, d. h. nicht „unvermeidlich“ (Kant) zu Tode. Max Planck als der Schöpfer der Quantentheorie kritisiert angesichts dessen längst, dass solch eine Morbiditäts- und Mortalitätsrate sich nicht im Geringsten von dem Atombombenabwurf in Japan über Nagasaki mit ebenfalls 40.000 Toten unterscheidet. Gemessen an der Zahl der Verstorbenen herrschen in Europas stärkster Volkswirtschaft offenbar inzwischen gesellschaftlich Verhältnisse vor, die einer militärischen Auseinandersetzung mit Nuklearwaffen in nichts nachstehen. Spricht der geschäftsführende Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen, Berthold Vogel, von gegenwärtig „hart geführt(en) … Kämpfe(n)“ (in: Mittelweg 36, 2/2023: 2), darf somit nicht vergessen werden, wie sehr dadurch die Humanität global bedroht ist. Die Republik Österreich wäre insofern besser beraten, sich daran kein Beispiel zu nehmen, falls ihr noch an einem freien Lachen etwas liegt, das nicht umgehend mit unsäglichen Qualen bestraft sein soll.

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