Die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) veranstaltet erstmals eine Jahrestagung, und zwar zum Thema „Verantwortliches Forschen in Österreich“ am 09.05.23 im neuen Gebäude des Forschungsförderungsfonds (FWF) in Wien. Aber kaum jemand hat davon erfahren. Alle, die ich gefragt habe, wussten nichts von dieser Tagung. Über drei Umwege erhielt ich nun die Einladung.
Wenn man das Thema der Tagung googelt, also die Wortkette „Verantwortliches Forschen in Österreich“, kommt man auf exakt einen Treffer weltweit: den Terminkalender der APA, wo man die Tagung findet, wenn man auf den 9. Mai klickt.
Auf der Events-Seite der ÖAWI findet sich die Tagung nicht. Ebenso nicht auf der Kalender-Seite des FWF. Also null Öffentlichkeitsarbeit. Das ist höchst rätselhaft für eine Veranstaltung, bei der man zwei Keynote Speaker, einmal von der Europäischen Kommission und einmal von ALLEA (All European Academies), einfliegen lässt, man sich mittels App anmelden kann und sich eine „Breakout Session“ am Nachmittag sogar der Forschungskommunikation widmet, unter anderem der Frage:
„Und wie kann Kommunikation präventiv Forschende sensibilisieren und so selbst einen Beitrag zur Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis leisten?“
Nun, eine Antwort wäre: indem man Tagungen wie diese nicht als Geheimveranstaltungen konzipiert, sondern auch die interessierte Fachöffentlichkeit vorab informiert und diese dann zumindest auch über virtuelle Mittel zuhören lässt. Das sollte im Jahr 2023 auch Standard sein und dem Transparenz-Gebot genügen. So sind wir etwa auch in der von der ÖVP abgewürgten Arbeitsgemeinschaft zu guter wissenschaftlicher Praxis der ÖFG vorgegangen. Der neue Stil scheint nun aber zu sein: unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit.
Vielleicht wurde die Tagung ja auch abgesagt? Oder eben doch bewusst als Insider- und Geheimveranstaltung der üblichen Verdächtigen konzipiert (Minister Polaschek, Uniko-Chefin Seidler, Sektionschef Pichl, ÖAWI-Repräsentanten Gattringer und Chai)? Wollte man am Ende am Weber vorbei tagen, weil ich nachgewiesen habe, dass fast alle Aufgezählten Initiativen zu guter wissenschaftlicher Praxis verhindert haben?
Alles, was das Establishment in Österreich zu guter wissenschaftlicher Praxis zu sagen hat und tut, ist und bleibt eine einzige große Farce. Auch das hat sich seit 2006 nicht geändert, als an den Universitäten Klagenfurt und Salzburg Alibi-Veranstaltungen nach aufgedeckten Plagiatsfällen stattgefunden hatten.
Update: Am 05. Mai 2023 erreichte mich folgende E-Mail der ÖAWI:
„Die Jahrestagung des Vereins richtet sich an seine Mitglieder. Die Teilnehmenden sind Repräsentant:innen der Mitglieder, die Einladungen wurden dem entsprechend auch nur an Mitglieder versandt. Wir haben Ihre Anmeldung zur Tagung demzufolge gelöscht.“
„Wer nicht will, der muss nicht.“ Das ist doch eine der wunderbaren Einsichten, die uns der Herr Minister hinterlässt. So wahr, so vielseitig einsetzbar: Politik, Verfolgung von Plagiaten, Universitäten, zwischenmenschliche Beziehungen…
Elmar Pichl hat unter anderem auch mein Zitier-Wiki-Projekt zu Grabe getragen. Jetzt stellt er sich nächsten Dienstag hin und hält einen Impulsvortrag über neue interaktive Formate der GWP-Prävention.
Das ist so verlogen und verrückt, dass ich darüber herzlich lachen kann.