Der Senat der Universität Salzburg schlägt den Geologen und derzeitigen Vizerektor für Lehre und Studierende an der Universität Innsbruck, Bernhard Fügenschuh, als neuen Rektor der Universität Salzburg vor. Das wurde heute bekannt gegeben.
Mit dem Namen Bernhard Fügenschuh verbinde ich vor allem eines: Das Einstellen auch wirklich jedes Plagiatsverfahrens nach noch so eindrücklichen Nachweisen – mit Ausnahme des Falls des deutschen Politikers Otto Carstens, wo aber ein Eigenplagiat aus einer früheren Prüfungsarbeit ausschlaggebend war und auch hier die Fremdplagiate laut Universität Innsbruck nicht entscheidend gewesen sein sollen.
Eine wahre Tatsachenbehauptung ist, dass eine ganze Serie von Anzeigen wesentlicher Plagiate an der Universität Innsbruck immer folgenlos blieb, was sich bis zur bundesdeutschen FAZ herumgesprochen hat. Dies war schon vor Fügenschuh als Vizerektor so, hat sich aber unter Fügenschuh weiter zugespitzt (dieselbe Entwicklung übrigens wie an der Universität Wien).
Hier eine kleine Auswahl:
Meine ersten folgenschweren Erfahrungen mit Bernhard Fügenschuh machte ich in den Jahren 2017 und 2018: Ich zeigte damals nacheinander schwerwiegende Plagiate in der Dissertation und in der Habilitationsschrift eines umtriebigen Innsbrucker Gerichtspsychologen und zugegebenermaßen „Vielschreibers“ an, der sich damals in seinen Gutachten auch „Univ. Prof.“ nannte:
Quelle: Meine E-Mail-Anzeige der plagiierten Habilitationsschrift, aus Datenschutzgründen nur ausschnittsweise
Gleich fünf Experten und Betroffene bestätigten die Plagiate, sogar der Zweitbegutachter ging auf Distanz. – Zur großen Überraschung wurden die beiden Plagiatsverfahren eingestellt, der Plagiator und mutmaßliche Titelbetrüger wurde voll rehabillitiert. Dieser bescherte mir in der Folge in immer wieder neuen Anläufen jahrelangen juristischen Ärger. Der Plagiator wurde von der Universität gestärkt, ich wurde der juristisch Verfolgte: MIt Steuergeldern finanzierte Opfer-Täter-Umkehr einer staatlichen Universität. Entscheidungsorgan: Bernhard Fügenschuh. Die Richterin in Innsbruck sagte beim ersten Prozess 2017 bei der Lektüre der Plagiate – und als der Plagiator diese in Abrede stellen wollte: „Entschuldigen Sie, ich kann lesen.“ Die Innsbrucker Justiz sprach Recht, die Innsbrucker Universität sprach Unrecht.
2023 übermittelte mein Team den Plagiatsfall eines Serienplagiators, der es zuvor in einer anderen Plagiatscausa schon in die Südtiroler Presse geschafft hatte. Wie die Korrespondenz zeigt, reagierte Fügenschuh zunächst mit Schweigen. – Plagiatsanzeigen werden von Fügenschuh häufig nicht einmal beantwortet, wie sich anhand der Mail-Threads seit 2017 nachweisen lässt:
Quelle: E-Mail meines Kooperationspartners, aus Datenschutzgründen nur ausschnittsweise
2024 hat Fügenschuh nach der Übermittlung von zwei Plagiatsgutachten sogar einen Anfangsverdacht geleugnet, der empirisch ohne Zweifel gegeben war, und zwar mitunter „nach eigener Einschau“. Deshalb wurde der Brief auch öffentlich:
In meinem Blogbeitrag habe ich das wie folgt kommentiert (Achtung: Eigenplagiat!):
- Eingeholte Stellungnahmen: Von wem? Interne oder externe? […]
- Nach „eigener Einschau in die Diplomarbeit und Dissertation“: Was soll eine „Einschau“ zur Plagiatsprüfung beitragen? Wurde mit Software getestet?
- „[…] noch auf das [sonstige!] Vortäuschen“: Hat niemand behauptet.
- „weder Hinweise auf Plagiate noch auf das Vortäuschen“: Das Vortäuschen ist kein Nachbarbegriff zum Plagiat, vielmehr ist das Plagiat eine Form des Vortäuschens. Dass der Gesetzgeber nicht imstande war, das richtig zu differenzieren, macht den Fehler der Universität Innsbruck nicht kleiner.
- „noch […] auf sonstige Erschleichungshandlungen“: Das UG in der derzeitigen Fassung kennt nur Plagiate oder (sonstiges) Vortäuschen, das sogar Ghostwriting umfasst. Tertium non datur und wurde auch nie dem Verfasser vorgeworfen. Eine „sonstige Erschleichungshandlung“ könnte fast nur ein gefälschtes Zeugnis sein.
Anhand des Briefs zeigt sich, dass hier jemand, der für Lehre zuständig ist, überhaupt keine Ahnung von den Anfang 2024 gültigen Legaldefinitionen zu wissenschaftlichem Fehlverhalten hatte.
Die Liste der unter den Teppich gekehrten Plagiate an der Universität Innsbruck lässt sich erweitern um eine österreichische Familienpsychologin, eine österreichische Alpinforscherin und einige andere (Erhebung im Team läuft).
Ich bleibe dabei: Unvermögen und Unwille geben sich die Hand. Österreichs Universitäten wollen keine Qualitätssicherung. Und dafür sucht man sich passende (Vize-)Rektoren. Plagiierende (Heutger, Biedermann, Matyas) oder plagiatstolerante (Fügenschuh).
Wäre schön, wenn der Universitätsrat in Salzburg dieses Spiel einmal durchbrechen würde. Er muss es nur wollen. Können tut er es.
Bin völlig einverstanden mit Ihrem Punkt 1), lieber Herr Weber – man vermeidet offenbar gerne ein klares Label des Fehlverhaltens.
Zu Punkt 2): Der Fehler liegt im rechtlichen Konstrukt. Was würden Sie als rechtliche Regelung für den Titelentzug vorschlagen?
Freundliche Grüsse
Christa Tobler
Dass der Titel auch dann entzogen werden kann, wenn sich der Leser (des Plagiats) betrogen fühlen muss. Man müsste sich das aber genau ansehen mit dem Switch von der „subjektiven Tatseite“ zur „objektiven Leserseite“, ob das im österreichischen Verwaltungsverfahren (nach AVG) möglich ist. Ein Argument könnte auch der Schutz der Wissenschaft sein: Man möchte verhindern, dass aus Plagiaten im Bibliotheksbestand in späteren Schriften falsch zitiert wird. Dazu müssten aber auch die plagiatsinfizierten Arbeiten konsequent in ein Sonderdepot wandern. Man könnte vieles tun in Österreich, um für eine sauberere Wissenschaft zu sorgen, man will es aber nicht. Stattdessen hat man auch noch die kontrafaktische „Plagiatsverjährung“ eingeführt.
Liegt das Problem in Fällen wie jenen in Innsbruck nicht auch darin, dass nach den universitären Regeln ein Doktortitel nur dann aberkannt wird, wenn – zusätzlich zum Vorliegen eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens ein „Erschleichen“ des akademischen Grades nachgewiesen werden kann (Art. 89 des Universitätsgesetzes), dass also das Vorliegen eines objektiven Plagiats nach unserem Verständnis allein nicht ausreicht?
Liebe Frau Tobler!
Sie haben (legal-)definitorisch völlig Recht. Wissenschaftliches Fehlverhalten kann (nach Albin Eser) grob fahrlässig oder bewusst (vorsätzlich) erfolgt sein.
Studienrechtlich relevant wird wissenschaftliches Fehlverhalten erst durch den Vorsatz, hier den Erschleichungsvorsatz (also durch den Willen, durch das anzunehmenderweise unbemerkte Plagiieren besser abzuschneiden). Die bloße grobe Fahrlässigkeit scheidet aus.
Meine beiden Einwände:
1) In vielen – aus meiner Sicht glasklaren – Plagiatsfällen wurde auch das Plagiieren überhaupt geleugnet (Fall Diplomarbeit an der Uni Salzburg: https://www.derstandard.at/story/2733041/magister-darf-titel-trotz-plagiat-behalten, Fall Hahn, Fall Aschbacher, Fall Zadic, eigentlich auch Fall Föderl-Schmid). Die Universitäten hätten das richtig differenzieren müssen. So lieferten sie immer das doppelt falsche Signal mit: A bissl oder moderat Plagiieren, das sind eh nur Zitierschwächen.
2) Wie wollen wir „Erschleichung“ objektiv feststellen? Der Plagiator kann doch eigentlich immer sagen: „Ich dachte, dass ich das darf.“ „Das taten wir alle.“ „Dann habe ich das Zitieren eben falsch gelernt, sorry.“ „Ich habe das Zitieren gar nicht gelernt.“ Bei einem Plagiat von knapp 90 Seiten sagte ein Beschuldigter, MS Word habe seine Fußnoten verschluckt. Ein anderer bekannter Plagiator behauptete vor Gericht, er hätte laut Zitierrichtlinien keine Anführungszeichen setzen dürfen.
Wie gehen Sie damit um? Wie beweist man juristisch die Erschleichung?