Polascheks „Hochschulrechtspaket 2024“ ist ein erneuter Rohrkrepierer: Neues Gesetz verweist auf Paragrafen, die es noch gar nicht gibt

In Österreich, speziell im Polaschekschen Wissenschaftsministerium, scheint alles möglich zu sein und niemanden juckt es wirklich: Flugs ist das neue Universitätsgesetz (UG) mit seiner völlig widersinnigen „Plagiatsverjährung“ in Kraft getreten – man möchte fast sagen, über das Hintertürl mitten im Semester, nämlich am 30. April 2024. Die vielen undurchdachten Definitionen und Bestimmungen zu wissenschaftlichem Fehlverhalten, die zwischen 2015 und 2021 eingeführt wurden, wurden allesamt eliminiert und in das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (HS-QSG) emigriert. Der Haken dabei: Dieses tritt erst am 1. Juli 2024 in Kraft. Und so finden sich im aktuellen Universitätsgesetz zumindest zwei bereits aktualisierte Paragrafen, die wiederum auf Paragrafen des Qualitätssicherungsgesetzes verweisen, das es aber eben noch gar nicht gibt:

Den § 2a sucht man im HS-QSG derzeit vergeblich. Hier die Fassung Stand 3. Juni 2024:

Quelle: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007384

Und auch wenn man zur guten wissenschaftlichen Praxis (GWP) und zu wissenschaftlichem Fehlverhalten fündig geworden wäre: Die Themen hätten im HS-QSG fachlich nichts verloren gehabt. Denn der Langtitel dieses Gesetzes lautet: „Bundesgesetz über die externe [sic!] Qualitätssicherung im Hochschulwesen und die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria“.

Laut den §§ 2 und mehr noch 3 des UG sind die Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis und die Vermeidung wissenschaftlichen Fehlverhaltens aber gerade nicht die Aufgabe der externen (die es de facto in Österreich gar nicht gibt), sondern der internen Qualitätssicherung der Universitäten. Und genau aus diesem Grund sagt das Ministerium ja bei jeder noch so berechtigten Aufsichtsbeschwerde: Wir mischen uns nicht in die Universitätsautonomie ein, Qualitätsfragen sind stets lokale Fragen. Wenn aber nunmehr die gute wissenschaftliche Praxis legistisch in die externe Qualitätssicherung abwandern wird, können sich die Rektoren vor Ort freuen: Wir sind eigentlich gar nicht mehr zuständig! Die Akkreditierungsagentur soll es richten. Diese wurde aber wiederum eher dafür eingeführt, um die Studienangebote von Fachhochschulen und Privatuniversitäten zu akkreditieren.

Ich glaube daher, dass das leidige Thema Qualitätssicherung durch GWP-Sicherung bewusst ins juristische Niemandsland transferiert wurde.


Und noch ein Punkt: Laut § 89 UG sind „gefälschte Zeugnisse“ (Mehrzahl!) oder „gefälschte Urkunden“ (Mehrzahl!) die Voraussetzung für das Einziehen eines Verleihungsbescheids (Einzahl!). Daraus folgt nun die gute Nachricht für alle Schummel-Studenten und deren gefinkelte Anwälte: Ein gefälschtes Zeugnis und/oder eine gefälschte Urkunde pro Person ist an Österreichs Universitäten erlaubt!


Das ist alles wieder einmal ein gewaltiger Rohrkrepierer, und ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass sich hier Unwille und Unvermögen die Hand geben. Getreu dem österreichischen Motto: „Samma schlau, bleib‘ ma blöd!“

Oder wie es mir ein Professor vor wenigen Tagen schrieb: „Österreichs Universitäten sind an Qualität schlichtweg nicht interessiert.“

Es wird allerhöchste Zeit für einen Systemwechsel!

1 Kommentare zu “Polascheks „Hochschulrechtspaket 2024“ ist ein erneuter Rohrkrepierer: Neues Gesetz verweist auf Paragrafen, die es noch gar nicht gibt

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  1. Andreas Slateff

    Das wäre dann ein Anlass, den Verfassungsgerichtshof einzuschalten. Als „Plagiatsforscher“ könnten Sie das tun, weil Sie davon direkt betroffen sind. Ein Gesetz, das auf nicht vorhandene Gesetze verweist, ist mit Sicherheit verfassungswidrig, und müsste auch nach 1. Juli noch aufgehoben werden, wenn man noch im Juni vor den VfGH zieht.

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