Erstmals gibt es in Deutschland einen Plagiatsvorwurf gegen die Dissertation einer amtierenden Hochschulpräsidentin. Die „Berliner Zeitung“ hat heute exklusiv darüber berichtet. Im Visier der Plagiatsfahndung steht die Dissertation „Weiche HR-Kennzahlen im strategischen Personalmanagement“ von Prof. Dr. Anja Karlshaus aus dem Jahr 2005, heute Präsidentin der CBS International Business School in Köln.
Auf Basis der wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbücher zum Zitieren bis in die 1970er-Jahre zurück sind aus unserer gutachterlichen Sicht die Stellen als Textplagiate zu werten. Klar sollte für das Wissenschaftssystem sein, dass Leitungsverantwortliche von Hochschulen hier insbesondere in jeglicher Hinsicht „sauber“ sein müssen.
Verteidigung mit „unbewusster sprachlicher Beeinflussung“ und „zu großer sprachlicher Nähe“
Die Berliner Zeitung schreibt:
„Alle 73 Plagiatsvorwürfe werden von Anja Karlshaus bestritten. Sie habe keineswegs Quellenarbeit simuliert. Sie habe auch keine Täuschungsabsicht gehabt. Sollte sie einzelne der konsultierten Dissertationen nicht als Quellen oder Hilfsmittel benannt haben, so liege dies daran, dass sie diese Arbeiten als ‚thematisch von geringer Relevanz‘ eingeschätzt habe. Zugriff auf die digitale Datei der Dissertation ihres damaligen Mannes habe sie nicht gehabt. Die Übernahmen aus dessen nirgendwo zitierter Dissertation erklärt sie damit, dass sie mit ihm zusammenlebte und daher Zugriff auf seine Fachliteratur hatte, die zum Teil bereits an wichtigen Stellen markiert war. Hierdurch möge es ‚zu gewissen Überschneidungen‘ oder ‚zu einer unbewussten sprachlichen Beeinflussung durch die intensive Auseinandersetzung mit den Arbeiten des anderen gekommen sein‘. Sie räumt ein, ‚dass einige wenige Passagen aus heutiger Sicht eine zu große sprachliche Nähe aufweisen könnten‘, was sie bedauere.“
Dazu ist festzuhalten, dass es nicht um die Täuschungsabsicht der Verfasserin geht, sondern um den Textbetrug des Lesers.
Die CBS ist und die EBS (die Frau Karlshaus promoviert hat) sind private Einrichtungen, beide finanzieren sich über respektable Studiengebühren. Erstere ist eine Fachhochschule, zweitere eine Universität.
Könnte es sein, dass solche Einrichtungen ein anderes Anforderungsprofil an ihre Führungskräfte haben als staatliche Institutionen?!