Sind Universitätsrektoren mit einer heimlichen politischen Agenda eine Gefahr für die Wissenschaft? Sollen sie „Rechte“ oder „Linke“ sein?

Ich habe im vergangenen Jahr in diesem Blog begonnen, Themen aufzugreifen, die auf den einschlägigen meist sehr angepassten Symposien der scientific community tabu sind, wie etwa die Nachweispflicht beim Erhalt von Drittmitteln oder die parteipolitische Besetzung von Universitätsräten. Zu diesen Themen gibt es auch keine Qualifikationsschriften. Sie sind schlichtweg nicht Gegenstand der Wissenschaft. Hier möchte ich 2024 weitermachen, und auch die Website zur Hochschulkorruption soll dann mit dem ersten Fall endlich bespielt werden. All dies geschieht wie seit nunmehr 2010 ehrenamtlich. Spenden sind willkommen (siehe den Button rechts)!

Die Färbung der ministeriell bestellten Universitätsräte gemäß den jeweiligen Regierungsfarben (derzeit eben Schwarz und Grün) ist gleichsam das „Gegengewicht“ zur Universitätsautonomie, allerdings als Perversion des Gesetzeswortlauts und damit, wie so oft in Österreich, als ein klarer Fall von Rechtsbeugung: Die Politik sicherte sich auch in der Zeit des UG 2002, das eigentlich die Autonomie hochhält, ihren Einfluss via Universitätsräte. Ein typisch österreichisches „Hintertürl“, wie es das neue ORF-Gesetz oder das kommende Informationsfreiheitsgesetz auch bietet bzw. bieten wird.

Was bedeutet aber Universitätsautonomie, gleichsam das Dogma, die heilige Kuh der österreichischen Universitätslandschaft, die die Universitäten ab 2002 vom allmächtigen Ministerium abnabeln wollte, wenn über die Hintertür erst recht wieder (Partei-)Politik in die Universitäten gelangt?

Sehen wir uns dazu die folgende Tabelle an (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Universität Rektor Partei(-nähe)
Universität Klagenfurt Oliver Vitouch SPÖ
Donau-Universität Krems Friedrich Faulhammer ÖVP
Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien Andreas Mailath-Pokorny SPÖ
Pädagogische Hochschule Steiermark Beatrix Karl ÖVP

Und dann gab es parteinahe oder Partei-Kandidaten für Rektorsämter wie Rudolf Mosler (Universität Salzburg, SPÖ-nah) oder Sonja Hammerschmid (Universität Salzburg, SPÖ). Auch die aktuelle Salzburger Rektorsposse kann im Licht von SPÖ-Gruppierung versus ÖVP-Politik und -Ministerium gelesen werden.

Hier ist festzuhalten: Nur weil jemand Politiker war, heißt das nicht, dass er dann keine Universität führen sollte, zumal – wie etwa im Fall von Beatrix Karl – es Konstellationen geben kann, dass ein Politiker schon vorher tatsächlich in der Wissenschaft tätig war (siehe auch Heinz Faßmann).

Problematischer sehe ich den Weg eines Friedrich Faulhammer, der wie sein Nachfolger im Ministerium, Elmar Pichl, mehr oder weniger direkt aus der ÖVP (und dem ÖCV) kam und dann nach dem Job des Hochschul-Sektionschefs Rektor wurde.

Wie sieht es nun mit der etwa von Oliver Vitouch postulierten Trennung von Amt und politischer Gesinnung als Privatperson aus? Ist diese Trennung in der Amtsführung stets durchzuhalten? Und wie bewerten wir das: Ist es gut oder nicht gut, wenn ein Rektor ein „Rechter“ oder ein „Linker“ ist, eine deklarierte Parteinähe hat oder gar Parteimitglied ist?

Umgekehrt zum Beispiel von Beatrix Karl muss auch gelten: Nur weil jemand nicht parteinah bzw. kein Parteimitglied ist, darf das nicht heißen, dass ihm a priori der Aufstieg ins Universitätsmanagement verwehrt wird. Viele kennen das aus der Schule: Ein Schuldirektor muss ein Parteibuch haben, hieß es schon zu meiner Zeit. Und das war auch bei vielen Lehrern der Fall! Aufgestiegen sind immer nur jene mit Parteibuch.

Und da sind wir bei einem sehr österreichischen (und auch bundesdeutschen) Problem angelangt:

  • Kann Parteinähe oder Parteizugehörigkeit eine Hilfe beim Aufstieg sein (etwa auch über Koalitionen im Senat und/oder im Universitätsrat)? Womöglich sogar jenseits des Leistungskriteriums?
  • Können Mitgliedschaften beim ÖCV, bei den Freimaurern, bei den Rotariern, Einladungen zu Bilderberg-Konferenzen und bei ähnlichen weitgehend im Verborgenen operierenden Organisationen Aufstiegshilfen sein? Womöglich sogar jenseits des Leistungskriteriums?
  • Es gibt die Gefahr des Missbrauchs: etwa, wenn parteipolitisches Agitieren dazu missbraucht wird, seinen eigenen Aufstieg zu ebnen, oder wenn „linke“ Rektoren bestimmte Wissenschaftsideologien pushen (etwa Gender und Cultural Studies).

Man könnte sagen, dass Wissenschaft per definitionem eher links ist, also progressiv-fortschrittlich, geht es doch darum, neues Wissen zu produzieren und nicht, das alte zu bewahren. Das steht schon in § 1 UG: Die Universitäten seien „auf die Hervorbringung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie auf die Erschließung neuer Zugänge zu den Künsten ausgerichtet“. Aber selbst das ist terminologisch nicht lupenrein. „Neu“ in dem Sinne wäre es ja auch, das Gendern wieder abzuschaffen oder etwa klare empirische Ergebnisse von den Gender und Cultural Studies zu verlangen, und somit würde das Neue wiederum in eine konservative Richtung gehen.

Meine (nicht abschließende) Meinung ist: Parteipolitik hat in der Wissenschaft nichts zu suchen. Ich halte sie dort für geradezu gefährlich. Das betrifft insbesondere Rektoren mit einer heimlichen Agenda. Zu groß ist die Gefahr, dass Wissenschaft biased wird und vor allem auch Entscheidungen des parteipolitischen Wissenschaftsmanagements dann biased sind. Wissenschaft darf sich auch nicht von Parteipolitik instrumentalisieren oder einkaufen lassen, siehe das Problem mit SORA und der SPÖ. In der Parteipolitik geht es häufig (nicht immer) um die Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten, um eine bekannte Definition für PR heranzuziehen. Das kollidiert immer mit dem wichtigsten Qualitätskriterium von wissenschaftlichem Arbeiten, möglichst ergebnisoffen und unbiased zu operieren.

3 Kommentare zu “Sind Universitätsrektoren mit einer heimlichen politischen Agenda eine Gefahr für die Wissenschaft? Sollen sie „Rechte“ oder „Linke“ sein?

Neuen Kommentar verfassen

  1. Faktenchecker

    Was ist, im Sinne der Aufzählung, mit Töchterle, Polaschek oder Riedler? (Faßmann findet zumindest in einer Klammer Erwähnung.)

    Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Die maximale Dateigröße für den Upload: 20 MB. Sie können hochladen: Bilddatei, Dokument, Spreadsheet, Textdatei. Links zu YouTube, Facebook, Twitter und anderen Dienstanbietern werden automatisch eingebunden. Dateien hierhin ziehen