Es ist eine typisch österreichische Wissenschaftsposse mit den Zutaten Hybris, Fehlverhaltensvorwürfe und ganz viel Eitelkeit. Sie beginnt am 29.12.23 um 21:32 Uhr.
Ich habe den Präsidenten der sogenannten „Uniko“, des Vertretungsorgans der 22 staatlichen Universitäten Österreichs und den Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch, sachlich und professionell auf eine Einladung zur Diskussion über meine Forderungen an eine UG-Novelle hingewiesen, die zuvor auch an 21 andere Wissenschaftler erging. Ich war der Auffassung, dass es sich im Sinne der Transparenz gehört, den obersten Vertreter der Universitäten auf meine ehrenamtlichen Überlegungen hinzuweisen und ihn auch nach seiner Meinung zu fragen.
„Lex Vitouch“: Dürfen hunderte Ao.-Profs und assoziierte Profs sich nicht „Professor für…“ nennen?
Oliver Vitouch warf mir zum oben genannten Zeitpunkt unverzüglich einen Verstoß gegen die von ihm so bezeichnete „gute journalistische Praxis (GJP)“ vor, weil ich nicht gegen die – in Österreich bei außerordentlichen und assoziierten Professoren allerdings übliche – Verwendung der Bezeichnung „Professor für [es folgen die Fachgebiete]“ aufgetreten wäre. Ein solcher Titelgebrauch indiziere Vitouch zufolge eine Berufung auf eine ordentliche Professur – nach einer Ausschreibung mit Widmung der Professur für ebendiese Fachbereiche – und beschwöre die Gefahr einer Verwechslung mit einem „Lehrstuhl“ herauf. Vitouch schlägt stattdessen die Verwendung der Bezeichnung „außerordentlicher Professor“ vor.
Diese rektorale Belehrung irritiert schon deshalb, weil sie offenbar eine Unkenntnis des österreichischen Universitätsrechts zum Ausdruck bringt: Wie gerade ein Rektor und erst recht ein Uniko-Vorsitzender wissen müsste, gibt es nämlich in Österreich keine „Lehrstühle“. Ebensowenig gibt es in Österreich (oder sonstwo) den „außerordentlichen Professor“ – auch das müsste ein seit nahezu zwölf Jahren im Amt befindlicher Rektor einer österreichischen Universität eigentlich wissen. Aber an dieser Äußerung findet sich noch viel Schlimmeres als Rechts- und Tatsachenunkenntnis.
Vitouch behauptet in der Substanz, jeder außerordentliche oder assoziierte Professor in Österreich, der sich „Professor für…“ nennt, verwende einen ihm nicht zustehenden Titel. Der Uniko-Präsident rückt damit viele Kollegen des Mittelbaus in die Nähe eines Straftatbestands. Ich habe mich an Vitouchs eigener Universität und an der TU Wien umgesehen und habe auf Anhieb den „Professor für…“ in der kritisierten Weise auch dort gefunden.
Das BMBWF widerlegt den Vorwurf Vitouchs
Wie immer, versuche ich solchen Vorwürfen rational und ergebnisoffen auf den Grund zu gehen und konsultierte tags darauf die Experten für Titelführung im Wissenschaftsministerium (BMBWF). Ich fragte wörtlich:
„Ein Ao.-Professor einer öffentlichen österreichischen Universität nennt sich in Veröffentlichungen ‚Professor für …‘ (es folgt eine Aufzählung seiner Fachgebiete, etwa: ‚Immaterialgüterrecht und Warenrecht‘). Ein Kritiker dieser Angabe argumentiert nun, dass die Person mit der Formulierung ‚Professor für …‘ eine Widmung, also eine ausgeschriebene (ordentliche) Professur und eine entsprechende Berufung indiziere, die ja bei einem Ao.-Professor nie stattgefunden habe. […]
Meine Fragen an Sie:
1. Ist es Titelmissbrauch, wenn sich ein Ao.-Professor ‚Professor für… [Aufzählung von 2-3 Fachgebieten]‘ nennt?
2. Wenn nein: Ist es ein Verstoß gegen die gute Praxis?“
Das BMBWF antwortete gleich tags darauf, am 02.01.24 um 14:22 Uhr, auf meine beiden Fragen klar und deutlich:
„1. Nein, aufgrund der Unterschiedlichkeit ‚Professor‘ und ‚Universitätsprofessor‘ ist uE eine missbräuchliche Verwendung nicht indiziert. Die Aufzählung der Fachgebiete deckt sich vermutlich mit dem Umfang der Venia Docendi als Universitätsdozent/in.
2. Nein, da im Regelungsregime von UOG 1993 und KOUG für Universitätsdozent/innen die Verwendung des Amtstitels ‚ao. Univ.-Prof.‘ vorgesehen war und das Recht der Amtstitelinhaber/innen zur Führung weiterhin besteht. Gegen eine auf ‚Professor‘ verkürzte Form könnte wohl nur die akute Verwechslungsgefahr mit ‚Univ.-Prof.‘ sprechen, welche hier nicht verwirklicht ist.“
Oliver Vitouch blieb auch nach der E-Mail des BMBWF bei seiner Kritik.
Der Uniko-Präsident und Universitätsrektor hat also, noch dazu auch gegenüber einem Dritten, einen ungeprüften falschen Vorwurf erhoben. Kann passieren, ist auch mir schon einmal passiert, siehe den Fall Graw. Ich führe aber zumindest nicht die österreichischen öffentlichen Universitäten an. Ich werde nicht aus Steuergeld finanziert, sondern verdiene mein Geld über Gutachten und Wissenschaftsinvestigationen.
Und an diesem Punkt kommt meine kleine „Déformation professionnelle“ ins Spiel, freundlicher formuliert: meine Leidenschaft für Lebenslauf-Screening und Textforensik. Die Frage muss erlaubt sein (wie natürlich auch gegenüber mir): Ist eine Person, die zu Unrecht einen Vorwurf wie den oben geschilderten hinausposaunt, selbst über jeden Zweifel erhaben? – Und hier meine ersten Findings:
Unklarheit im Lebenslauf
Im offiziellen Lebenslauf von Oliver Vitouch finden sich folgende Angaben zur Ausbildung:
Beim immerhin sechs Jahre dauernden Musikstudium findet sich kein Hinweis „(nicht abgeschlossen)“. Tatsächlich wurde es, wie Oliver Vitouch nach zweimaligem Nachfragen freundlicherweise zugegeben hat, nicht abgeschlossen. Sein Argument: Wäre es abgeschlossen worden, hätte er auch einen Titel angegeben. Dieses Argument setzt freilich das Wissen voraus, dass ein Musikstudium vor fast 40 Jahren überhaupt mit einem Titel abzuschließen war. Aus meiner Sicht entspräche es jedenfalls der guten Praxis, den Nicht-Abschluss expressis verbis anzuführen. Denn in Wikipedia wurde daraus dann die Angabe: „Nach der Matura am Akademischen Gymnasium und einem Musikstudium am Konservatorium der Stadt Wien studierte Vitouch an der Universität Wien Psychologie […].“ Eine Unterscheidung zwischen nicht-abgeschlossenem und abgeschlossenem Studium erfolgt hier nicht. Und die Matura wurde ja auch absolviert.
Seltsame Selbstattribuierungen im Wikipedia-Eintrag
Zur Verteidigung könnte man einwenden, dass ein in der Tat vielbeschäftigter Rektor und Universitäten-Chef doch keine Zeit habe, sich auch noch um seine Wikipedia-Einträge zu kümmern. Formulierungen im deutschsprachigen Eintrag, die auf Insider-Wissen hinweisen und teils seltsame Verknüpfungen mit dem Amt Vitouchs enthalten, könnten das Gegenteil anzeigen. Im Abschnitt „Wirken“ finden sich insgesamt vier Hinweise auf eine kausale oder korrelative Verknüpfung von Ereignissen mit einem parallel ausgeübten Amt Vitouchs, ohne dass eine Quellenangabe zu dieser Verknüpfung erfolgt wäre. Ich habe Oliver Vitouch nach den vier Text-Exzerpten gefragt und leider keine Antwort erhalten.
Im Wikipedia-Eintrag findet sich auch dieser Satz über Oliver Vitouch: „Seine Erdős-Zahl ist 5.“ Eingefügt wurde er am 09.08.23 von einem Wikipedianer, der auffallend fleißig und häufig den Eintrag von Oliver Vitouch bearbeitet: dem Benutzer „Cambridge51“.
Selbstverständlich steht es mir weder juristisch noch ethisch zu, darüber zu spekulieren, wer „Cambridge51“ ist. Da Wittgenstein 1951 in Cambridge verstorben ist, könnte es sich auch um einen post-wittgensteinschen österreichischen Philosophen handeln. Die Person hat jedenfalls einen engen Wissenschafts- und Klagenfurt-Bezug und scheint lateinische Sprüche zu lieben. Ich erlaube mir hier nur die Bemerkung, dass es nicht der Wikipedia-Etiquette entsprechen würde, den Beitrag über sich selbst positiver zu gestalten. Allenfalls können objektive Falschangaben von der Person selbst auf Wikipedia zur Korrektur vorgeschlagen werden. Das ist zumindest mein Zugang zur Enzyklopädie, und so gehe ich mit meinem Eintrag um.
„Cambridge51“ auch anderswo aktiv
Der Benutzer „Cambridge51“ war aber nicht nur in den deutsch- und englischsprachigen Einträgen zu Oliver Vitouch, der Universität Klagenfurt und der Uniko aktiv. Er war es auch, der im Wikipedia-Eintrag über einen Professor außerhalb der Universität Klagenfurt den Titel falsch abgeändert hat, am 13.02.21 zu verdammt später Stunde, ganz im Sinne des rechtlich inexistenten „Vitouchschen Titelkatalogs“:
Altrektor der Universität Klagenfurt in die Nähe des Rechtspopulismus gerückt
Den Altrektor der Universität Klagenfurt, den Informatiker Heinrich C. Mayr, rückte „Cambridge51“ in die Nähe des Rechtspopulismus und bekam dafür sogar einen Verstoß gegen die Wikipedia-Regeln attestiert:
Disclaimer: Ich versuche in immer wiederkehrenden Mail-Anläufen seit 2017, Oliver Vitouch von der Wichtigkeit der GWP-Forschung und der Umsetzung meiner Forderungen zu überzeugen. Ich bin stets abgeblitzt. Und ich akzeptiere Anonymität im Netz. Ich finde es aber sehr unschön, wenn diese dazu verwendet werden würde, um sich selbst besser darzustellen.
Ich habe mir das nun auf Wikipedia näher angesehen. Sie schreiben:
„Der Benutzer „Cambridge51“ (…) war es auch, der im Wikipedia-Eintrag über einen Professor außerhalb der Universität Klagenfurt den Titel falsch abgeändert hat, am 13.02.21 zu verdammt später Stunde, ganz im Sinne des rechtlich inexistenten „Vitouchschen Titelkatalogs“:“
Stimmt nicht. Ist auf https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Peter_Hilpold&action=history klar ersichtlich. Zu der oben abgebildeten Änderung von „Cambridge51“ um 02:37 Uhr heißt es:
„(Änderungen von Desteluego (Diskussion) auf die letzte Version von Aka zurückgesetzt)“
Das war also nur ein sogenannter „revert“ auf eine frühere Version. Die Textierung, die sie darunter abbilden, stammt von einem User ohne Account gut zwei Wochen zuvor:
„(Ergänzung: Hilpold ist außerordentlicher (ao.) Professor, siehe https://www.peterhilpold.com/ sowie den Text unter „Leben“ hier)“
Mit einzelnen Screenshots ein Bild zusammenzukleistern, das nicht den Tatsachen entspricht, zeugt nicht gerade von Wahrheitsliebe.
Ich danke für den Hinweis. Auf den ersten Blick verstehe ich das offen gesagt nicht, aber ich werde es mir genau ansehen. Dass ich absichtlich einen falschen Benutzer angegeben hätte, ist jedenfalls nicht zutreffend.
Ich glaube zu wissen, mit wem ich hier diskutiere. Den Unterschied zwischen „honest error“ und Täuschung müssten Sie ja bestens kennen!? Und jetzt höre ich mir mal https://www.youtube.com/watch?v=IK9fzz3jm9o an. Auf bald!
Vielleicht können sie mir auch etwas erklären. Sie schreiben:
„Ebensowenig gibt es in Österreich (oder sonstwo) den „außerordentlichen Professor“ – auch das müsste ein seit nahezu zwölf Jahren im Amt befindlicher Rektor einer österreichischen Universität eigentlich wissen.“
Gleichzeitig schreiben sie andauernd selber vom „außerordentlichen Professor“:
„(…) weil ich nicht gegen die – in Österreich bei außerordentlichen und assoziierten Professoren allerdings übliche – Verwendung (…) aufgetreten wäre.“
„Vitouch behauptet in der Substanz, jeder außerordentliche oder assoziierte Professor in Österreich, der sich „Professor für…“ nennt, (…)“
„Ich fragte wörtlich: „Ein Ao.-Professor einer öffentlichen österreichischen Universität nennt sich in Veröffentlichungen …“
Die Bezeichnung „außerordentlicher Professor“ ist übrigens sehr traditionsreich: https://www.freud-museum.at/de/zitate#:~:text=Der%20Unterschied%20zwischen%20ordentlichen%20und,Beziehung%20zum%20Unbewu%C3%9Ften%20(1905).
Und sie nennen sich ja auch selbst Dozent (statt Universitätsdozent).
Was ist also gegen die landläufige Bezeichnung außerordentlicher Professor (oder assoziierter Professor) einzuwenden? Und wie verhält es sich mit dem Assistenzprofessor?
Sicher gibt es eine einfache und schlüssige Erklärung.
1. Natürlich sagen wir alltagssprachlich „Ao.-Prof.“. Das sagte früher, als es sie gab, jeder an der Uni. Im geschilderten Fall geht es aber gerade um die GENAUE Titelbezeichnung in einem LEXIKON, und die ist nun mal „Ao. Univ. Prof.“ gewesen. Oder nicht?
2. Es wäre nicht fein, wenn ich mich „Universitätsdozent“ nennen würde, weil ich ein solcher nicht bin (Habilitation 2005). Eine Verkürzung des „Privatdozenten“ zum „Dozenten“ ist mE völlig harmlos. Bitte fragen Sie aber zur Sicherheit beim BMBWF nach. Ich würde sogar mutmaßen, dass „Dozent“ nicht einmal eine eigentümliche Bezeichnung des Hochschulwesens ist. M.a.W.: Man kann auch „Dozent“ an der Volkshochschule oder beim BFI sein.
Wieso „früher, als es sie gab“? Jetzt gibt es keine mehr?
Und Vitouch forderte die Bezeichung „außerordentlicher Professor“ in einem Lexikon??
Ich glaube übrigens nicht, dass viele Menschen „ist Universitätsprofessor an der Universität X“ schreiben, nicht einmal in einem Lexikon. „Professor“ ist im universitären Zusammenhang ja auch eine (kürzere) Form von „Universitätsprofessor“.
Aha, Privatdozent…. Eine Verkürzung von „Privatdozent“ zu „Dozent“ ist „völlig harmlos“, aber eine Verkürzung des außerordentlichen Universitätsprofessors zum außerordentlichen Professor (an der Universität ….) zeugt von „Rechts- und Tatsachenunkenntnis“? Sie sind fantasievoll…. manchmal vielleicht zu fantasievoll.
Noch einmal: Ich sehe das anders.
Im ersten Fall handelt es sich um die sog. „publizistische Verkürzung“. Der Titel „Privatdozent der Universität Wien“ wird auf dem Startscreen einer privaten Website und als Teil einer Wortbildmarke zu „Doz.“ verkürzt.
Im zweiten Fall war ja gerade die Präzisierung das Ziel, dh. die genaue Verortung in der „Titelkaskade“. Und hier ist eben nur „ao. Univ.-Prof.“ korrekt und nicht „Ao. Prof.“
Könnten wir uns jetzt wieder wichtigeren Dingen widmen?
PS:
https://dozentenstellen.de/wer-darf-sich-dozent-nennen/#:~:text=Grunds%C3%A4tzlich%20kann%20sich%20jeder%2C%20der,bezeichnen%20darf%20und%20wer%20nicht.
Sie sind wirklich spaßig. Zuerst schreiben sei einen hocherregten, ellenlangen Blogbeitrag. Dann weist man ihnen nach, dass zentrale Aussagen darin nicht stimmen:
„Ebensowenig gibt es in Österreich (oder sonstwo) den „außerordentlichen Professor““
Selbstverständlich gibt es den. Sie benutzen den Begriff andauernd selbst (siehe oben), und räumen selber ein, dass er alltagssprachlich, publizistisch und universitär üblich ist: „Das sagte früher (…) jeder an der Uni.“
„Der Benutzer „Cambridge51“ (…) war es auch, der im Wikipedia-Eintrag über einen Professor außerhalb der Universität Klagenfurt den Titel falsch abgeändert hat, am 13.02.21 zu verdammt später Stunde, ganz im Sinne des rechtlich inexistenten „Vitouchschen Titelkatalogs““
Stimmt nicht. Die Änderung stammt von einem User ohne Account, gut zwei Wochen zuvor.
Ihre Reaktion: „Aber trotzdem!“ und dann ernsthaft „Könnten wir uns jetzt wieder wichtigeren Dingen widmen?“ Nachdem sie (!) das Ganze mühsam zusammengereimt und noch mehrere weitere skurrile Blogbeiträge nachgeschoben haben.
Das ist also ihr typisches Strick- bzw Webmuster – von wegen „Redlichkeit“. Aber diesmal dürften sie an den Falschen geraten sein. Nun wird aus dem Mordsspaß plötzlich ernst. Wohl bekomm’s.
Ist das schon eine gefährliche Drohung (alltagssprachlich)?
Beim erneuten Versuch, einem ein Leben zu versauen, um Macht zu akkumulieren, sind Sie diesmal an den Falschen geraten.
Unwohl bekomm‘s!
Also wenn die österreichischen Rektoren Zeit für solche „Späße“ haben, dann muss man sich schon fragen, ob die 250.000 € Jahresgage an Steuergeldern gerechtfertigt sind.